- 4 von 5 Punkten
- Gelungener Film über die Gewaltspirale zwischen Polizei und Linksautonomen.
Worum geht's?
Bei einem Brandanschlag wird die Frau eines Polizisten lebensgefährlich verletzt. Der Fall passt in eine Serie politisch motivierter Gewaltakte, die mutmaßlich aus der linksautonomen Szene verübt wird. Zur gleichen Zeit verschwindet eine LKA-Beamtin, die in dem Milieu verdeckt ermittelt hat. Da es sich um eine alte Freundin von Julia Grosz (Franziska Weisz) handelt, schleust sich die Kommissarin unter falscher Identität in deren Wohngemeinschaft ein. Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) versucht derweil den Brandanschlag aufzuklären. Mit der Zeit dämmert den Ermittlern, dass beide Fälle zusammenhängen.
Warum lohnt sich der "Tatort: Schattenleben"?
Der Fall spielt in Hamburg, jener Stadt, in der 2017 Linksautonome aus ganz Europa ein Heer der Verwüstung anrichteten. Aber auch die Polizei reagierte damals oft mit übertriebener Brutalität. Dieser "Tatort" lässt für keine der beiden Seiten Sympathien durchschimmern. Nicht für die Polizisten, die bei Festnahmen überhart zuschlagen. Und auch nicht für die ideologischen Weltverbesserer, für die der Polizeiapparat per se faschistisch, sexistisch und rassistisch ist und jeder Beamte automatisch schuldig. "Schattenleben" (Buch: Lena Fakler, Regie: Mia Spengler) zeigt aber, dass es sich um keine statischen Blöcke handelt: Dass die Mehrzahl der Polizisten eben nicht zuschlägt und um Aufklärung in den eigenen Reihen bemüht ist. Und dass nicht jeder in der linksautonomen Szene Polizisten entmenschlicht als "Bullenschweine" sieht. Es bleibt die Einsicht, die sich beide Seiten zu Herzen nehmen können: "Wenn wir genauso gewalttätig sind wie die, dann sind wir nicht besser."
Was stört?
So gut das Thema gewählt und aufbereitet ist: Schon sehr früh beschleicht einen als Zuschauer der Verdacht, dass auch hier das "gesellschaftliche Problem" nur Staffage ist, und die Lösung des Falls – wie so oft – eigentlich im Persönlichen liegt. Und wie so oft fragt man sich als Zuschauer: Warum erzählt man dann nicht einfach eine persönliche Geschichte?
Wiener "Tatort"-Duo quittiert den Dienst – auch diese Ermittler sind nicht mehr dabei
Die Kommissare?
War der im März 2022 ausgestrahlte "Tatort: Tyrannenmord" komplett auf Thorsten Falke zugeschnitten, steht diesmal Julia Grosz im Vordergrund: Wir erfahren etwas mehr über die Vergangenheit der Ermittlerin, die einst in eine Frau verliebt war – dann aber nicht zu ihren Gefühlen stand.
Ein- oder ausschalten?
Trotz kleiner Schwächen ein lohnenswerter "Tatort" – schalten Sie ein!
Die "Tatort"-Folge "Schattenleben" wurde erstmals am 12. Juni 2022 ausgestrahlt. Die ARD wiederholt den Fall am Sonntag, 31. März 2024, um 20.15 Uhr.