"Tatort"-Kritik Der abgestürzte Investmentbanker

  • von Kathrin Buchner
Edel-Callgirls, Computer-Hacker und eine feindliche Übernahme durch "Heuschrecken" - kurz: Geld, Sex und Intrigen im großen Stil. Der Berliner "Tatort" mit Stretch-Limos und Privatjets war großstädtisch wie selten, pompös und am Puls der weltweiten Finanzmärkte.

Sie ist abgestürzt, die Heuschrecke. Am Boden liegt sie, in einer Blutlache. "Er war ein Mensch und kein Insekt", sagt die Geliebte, eine Journalistin, hin- und hergerissen zwischen Zuneigung und Investigativ-Recherche. Das Mordopfer ist der amerikanische Investmentbanker Ted Wilson (die Heuschrecke), der mit viel Geld in der Tasche und ein wenig Liebe im Herzen nach Berlin kam, um dann von der Terrasse eines Nachtclubs gestoßen zu werden.

Eigentlich sollte dieser Wilson die Übernahme einer Firma für Kraftwerktechnik über die Bühne bringen. Es geht um Rendite, Arbeitsplätze und globales Kapital - Dinge, von denen der hemdsärmelige Kommissar Till Ritter (Dominik Raacke) keine und sein Kollege Felix Starke (Boris Aljinovic) wenig Ahnung haben. Bei den Ermittlungen in "Tod einer Heuschrecke" schlagen sie sich durch Berlins Nobelhotels, Business-Tower, Edelclubs und Maschinenhallen. Es begegnen ihnen ein korrupt-naiver Betriebsrat, ein Computerhacker, ein Edel-Callgirl, und sogar die chinesische Mafia und terroristische Verschwörungstheorien finden Eingang in diesen Finanz-Thriller. Börsenhaie reisen in Stretch-Limousinen und landen standesgemäß in Privatjets auf dem Tempelhofer Flughafen.

Stretch-Limos und Privatjets

Alles, was mit Macht, Geld, Sex und globaler Vernetzung zu tun hat, wurde von Drehbuchautor Hartmann Schmige in diesen Berliner Großstadt-"Tatort" gepackt. Entsprechend rasant und kurzweilig ist das Zusehen. Ritter durfte wie üblich flirten - diesmal mit einer frühen Liebe, der Nachtclubbesitzerin Simone (Katrin Sass), Starke ist in seiner Rolle als Vater eines mittlerweile aufmüpfigen Frühpubertierenden weniger fürsorglich als früher.

Ende im Schwarz-weiß-Schema

Erschlagen von weltweiten Kapitalströmen, Hedgefonds und feindlichen Übernahmen betreibt das Ermittler-Duo Küchenphilosophie mit Rotwein und Spaghetti Putanesca. Doch den von Starkes naseweisem Sohn geforderten Dreischritt von These und Antithese, die sich zur Synthese vereinen lassen, gibt es in diesem "Tatort" nicht. Entgegen den rasant steigenden oder fallenden Aktienkursen auf dem Finanzmarkt ist das Krimi-Ende recht flach im Schwarz-Weiß-Schema gehalten: Provisionsgeiler Finanzberater tötet aus reiner Geldgier. Kannibalismus unter Heuschrecken – schließlich mangelt es dem widerstandsfähigen Insekt an natürlichen Feinden. "Tod einer Heuschrecke" wirbelt so viel Staub auf wie ein Schwarm dieser Plagegeister. Wenn man diesen Achterbahnkrimi gesehen hat, fühlt man sich allerdings genauso leer wie ein von Heuschrecken abgegrastes Stück Acker.

PRODUKTE & TIPPS