"Tatort"- Wiederholung aus Wien Heimat-Klamauk und Quarantäne-Drama: Dieser "Tatort" geht heute nahe

Die Kommissare Moritz Eisner und Bibi Fellner
Die Kommissare Moritz Eisner und Bibi Fellner 
Aus der Sommerpause in den Ausnahmezustand: Die Kommissare Moritz Eisner und Bibi Fellner müssen gleich zu Beginn der Tatort-Saison den Tod eines Mannes aus Afrika klären. Hinweise auf dessen Identität: Fehlanzeige.

Verdächtige gibt es einige. Doch dann bringt die Obduktion ein schockierendes Ergebnis: Der Tote ist mit Ebola infiziert. Es folgen: Seuchenkommando, Notstand und Quarantäne.

Großes Manko des Tatorts „Virus“: Der übereifrige Versuch das Thema Ebola in Europa möglichst unterhaltsam zu verpacken, zur Not auch mit der komödiantischen Brechstange. Die Dialoge derart pointiert, dass man das eigentliche Elend schnell aus dem Blick verliert. Insgesamt ein durchschnittlicher Tatort, der den Zuschauer unschlüssig zurücklässt.
Diese "Tatort"-Wiederholung wirkt heute anders: 2017, lange vor Corona, sahen wir den Wiener Ermittlern Eisner und Fellner in einem komödiantisch angelegten Seuchen-Krimi zu. Die Quarantäne-Bilder darin kommen uns heute bekannt vor. Und auch die Flüchtlingsthematik ist brandaktuell.

Bewertung:

  • 3 von 5 Punkten
  • Dieser "Tatort" hält viel Wiener Schmäh und ein interessantes Thema bereit - verliert sich aber leider in zu vielen Kalauern

Worum geht's in diesem Wien-"Tatort"?

Im beschaulichen Pöllau in der Steiermark wird ein Schwarz-Afrikaner tot in einem Steinbruch aufgefunden. Offenbar ist er erschlagen worden, doch in der Dorfkneipe will keiner etwas davon mitbekommen haben. Niemand kennt den Toten - auch nicht in dem nahe gelegenen Flüchtlingsheim, das der Arzt Albert Reuss (Andreas Kiendl) leitet, seit er von seinen Hilfseinsätzen in Westafrika zurück ist. Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Bibi Fellner (Adele Neuhauser) kommt der Mann vor lauter Anständigkeit fast unheimlich vor, doch bald haben sie andere Probleme: Das Opfer war mit dem Ebola-Virus infiziert. Sofort wird das gesamte Dorf per Seuchenkommando unter Quarantäne gestellt  - und die Ermittler müssen gegen die erschwerten Bedingungen ankämpfen.

Warum lohnt sich der Krimi?

Das Katastrophen-Szenario in der Provinz hat seinen Reiz und auch das wichtige Thema der Ebola-Krise absolut Berechtigung in einem "Tatort". Mit Fellner und Eisner haben die Wiener außerdem ein charismatisches und vielschichtiges Ermittler-Duo, das vielen Zuschauern ans Herz gewachsen ist.

Was nervt?

Leider übertreiben es die Wiener schnell mit den Kalauern. Schon klar, dass man in der Steiermark nur schwer eine Thriller-Atmosphäre im Stil von "Outbreak" hinbekommt. Aber muss es dann gleich in Richtung alberner Heimatfilm gehen? Da folgen Kamasutra-Witze auf Würstl-Gags und ein wider Willen evakuiertes Brautpaar wirft theatralisch die Hände in die Luft. In den 70ern hätten das Roy Black und Uschi Glas genau so gespielt.

Schade auch, dass der "Tatort" von 2017 nicht die Chance nutzte, und deutlich Stellung zur rechtspopulistischen Flüchtlingspolitik vom damaligen österreichischen Außenminister Kurz zu beziehen. "Wir leben in Österreich, gastfreundlich ist man da nur zu den Touristen, bei anderen Besuchern des Landes schaut das anders aus", heißt es am Anfang zwar vielversprechend. Doch dann wird das aktuelle Migranten-Thema mit dem Ebola-Drama vermischt - und beides verwässert so. Niemand hätte ahnen können, dass dieser Krimi fünf Jahre später durch die anhaltende Corona-Pandemie und die aktuelle Russlandkrise wieder brandaktuell wird - und nicht mal übertrieben erscheint.

Die Kommissare?

Zanken sich liebevoll und wissen immer noch nicht so richtig, ob sie nur Kollegen und Freunde sein sollen oder vielleicht doch mehr. Schauspielerisch macht es mit Neuhauser und Krassnitzer aber Spaß.

Ein- oder Ausschalten?

Einschalten.

10 Fakten zum Tatort, die Sie noch nicht kannten
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Diese TV-Kritik erscheint in leicht abgeänderter Form. Erstmals wurde sie im August 2017 veröffentlicht. Die ARD wiederholt den Krimi am Freitagabend um 22:15 Uhr. 

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