Samstagabend auf RTL heißt: irgendwie durchkommen. Sich irgendwie auf ein Dös-Level runterfahren, damit es nicht so wehtut. Das ist keine leichte Aufgabe. Aber hat man das Bewusstsein eines Labradors erreicht, ist der hyperventilierte Quatsch ein fast schon angenehmes Rauschen. Solange zumindest, bis Frank Buschmann plötzlich und ohne Vorankündigung sagt: "Der Papa geht in die Isolation." Bäm! Wach! WTF! Nochmal kurz zurückspulen: Papa geht – wohin?
Buschmann, den alle "Buschi" nennen, ist ja ein Netter. Er ist von Erdogan ungefähr so weit entfernt wie Boris Becker vom Break-Even. Und das Showkonzept von "The Wall" stammt aus den USA, und da heißt es auch "isolation", nur halt kleingeschrieben. Da wollte man bei RTL den Amis wohl nicht ins Handwerk pfuschen und den Raum, in den einer der beiden Kandidaten im Laufe der Sendung ganz allein gesetzt wird, analog zu "The Wall" zum Beispiel "The Room" nennen. Würde sich ja auch wieder bescheuert anhören: "Der Papa geht in The Room", selbst wenn es der nette Buschi sagt.
Normale Menschen werden zu Psychos
So also ging ein Martin – Stadt vergessen, heulte schon beim Einspieler über sich selbst – "in die Isolation", während seine Tochter – Einkäuferin von Spielwaren, machte Babygeräusche – auf der Bühne an der "Wall" zockte. Die ist so eine Art Glücksrad, mit dem Unterschied, dass Bälle eine Wand runterpurzeln und per Zufall in sogenannten "Geldboxen" landen. Die sind mal einen Euro wert, mal zehn, im höchsten Fall 250.000. Bei grünen Bällen kassieren die Kandidaten, bei roten verlieren sie – und zwischendurch müssen die "Isolierten" Fragen beantworten. Zum Beispiel, ob die bekannten deutschen YouTube-Stars "Die Grubis", "Die Höhlis" oder "Die Lochis" heißen.
Bei "The Wall" kann man also viel Geld gewinnen und genauso schnell wieder verlieren, wenn die Bälle rot sind und in die falschen Boxen kullern. Das macht alle verrückt. Da drehen alle durch. Da
werden normale Menschen zu Psychos, verzerren ihre Gesichter zu Fratzen, schreien rum, schmeißen sich auf den Boden, als würde es noch irgendeines Beweises bedürfen, dass der Kapitalismus eine hässliche Krankheit ist.

Auswendig gelernte Flenn-Phrasen
Nun kann es ja durchaus unterhaltsam sein, wenn sich Leute sehr freuen oder sehr ärgern, weil sie mitansehen müssen, wie aus dem Porsche von einer Sekunde auf die andere ein Polo wird. "The Wall" ist aber richtig ätzend. Wie Gülle werden die Gefühle ins Studio gepumpt, dass einem das Nitrat schon nach fünf Minuten aus den Ohren quillt. Natürlich hat jedes der beiden Kandidaten-Duos ein Schicksal im Gepäck. Mutter tot, Vater krank. Eine Geburt steht an, ein Umzug, irgendwie brauchen die ganz dringend die Kohle und hätten sie auch ganz doll verdient, trieft und tränt es aus jedem Einspieler und jeder Erzählung.
Höhepunkt dieses Herzkasperletheaters ist "die Entscheidung". Dann muss das arme Schwein hinten in der Quiz-Quarantäne – das keine Ahnung hat, wieviel Geld vorne zusammen gekommen ist – verkünden, ob es eine lächerlich niedrige Garantiesumme einsackt oder den möglichen Megagewinn bzw. die potentielle Vollpleite.
Das ist der Moment – "euer Moment" (Buschmann) –, wo zur Gülle noch die Sülze kommt. "Ich weiß, dass wir uns immer lieben werden", winselte ein Arzt zu seiner schwangeren Frau. Sie, immerhin eine Oberkommissarin, erwiderte: "Es gibt nichts, was unser Glück kaputt machen wird." So hölzern wie sie vorgetragen wurden, handelte es sich um auswendig gelernte Flenn-Phrasen aus der Tastatur eines stockdepressiven Auftragstexters. Und Buschi? Machte die Säge und klatschte ab. Er kommt ja weniger über den Intellekt, mehr über den Instinkt. "Die Wand kann so fürchterlich sein", sagte er. Stimmt, aber Fernsehen auch.