TV-Kritik zu "X-Factor" Ein bisschen Finale

  • von Gerd Blank
Die Teilnehmer des Finales von "X-Factor" stehen fest. Sarah Connor muss zwar in der letzten Sendung auf ihren Kandidaten verzichten, dafür haben die besten Stimmen gewonnen. Fünf Frauen dürfen sich auf das Finale freuen.

Was für ein fairer Endspurt für Sarah Conner, Till Brönner und George Glück: Jedes Jury-Mitglied geht mit einem Schützling ins Halbfinale von "X-Factor". Zwei Songs müssen die verbliebenen Kandidaten singen. Doch diesmal wählt nicht die Jury, welcher Kandidat den Sangeswettstreit verlässt: Die TV-Zuschauer haben die Qual der Wahl.

Eigentlich hat man dem Konzept einer Castingshow nichts mehr hinzuzufügen. Eine Jury, meist bestehend aus drei mehr oder wenig bekannten Mitgliedern, wählt erst aus tausenden Kandidaten die Teilnehmer aus. In den folgenden Wochen kommentiert die Jury dann mehr oder weniger fachkundig die Darbietungen. Auch bei "X-Factor" ist das nicht anders. Allerdings ist die Jury mit Sarah Connor, Till Brönner und George Glück für deutsche Verhältnisse hochkarätig besetzt. An den Kommentaren der drei Promis könnte der Ghostwriter zwar noch ordentlich feilen - sie entbehren oft nicht einer gewissen Komik -, dafür hat aber jeder einzelne Kandidat, der es in die "X-Factor"-Liveshows geschafft hat, mehr Talent als alle Teilnehmer einer Popstars- oder DSDS-Staffel zusammen.

Beth Ditto lobt Edita

So hat Edita Abdieski wahrscheinlich die beste Stimme aller Kandidatinnen, die jemals in einer deutschen Castingshow teilgenommen haben. Selbst Stargast Beth Ditto bescheinigt Edita großes Talent. "Sie ist eine bessere Sängerin als ich", sagt die Gossip-Frontfrau in einem Einspieler. Abdieski startet den Wettkampf mit "Blame it on the Boogie" - ein 70er-Jahre-Hit der Jackson Five. In einem Frack tanzt und singt sich die charmante Sängerin souverän durch die erste Runde. Doch Sarah Connor ist nicht so begeistert. George Glück gibt erst einmal Geschichtsstunde und klärt über den Hintergrund des Songs auf - und schickt gleich ein vergiftetes Lob hinterher: "Du könntest ein ganz großer Musicalstar sein." Die Begeisterung von Edita hält sich in Grenzen.

Mati Gavriel ist der Paradiesvogel bei "X-Factor". Vielleicht hat er nicht die beste Stimme in der Show, aber mit Sicherheit den höchsten Wiedererkennungswert. Mati wählt als ersten Song "Imagine" von John Lennon. Kaum ein Song wurde häufiger gecovert. Doch im Gegensatz zu vielen anderen vor ihm, bringt er seinen eigenen schrägen Stil mit ein. Der junge Sänger begleitet sich selbst am Piano, eines der vielen Instrumente, die er sich selbst beigebracht hat. George Glück ist so begeistert, dass er Mati sogar den Sieg zutraut.

Die erste Runde beenden Big Soul mit "As", einem Song von Stevie Wonder. Die vier Damen haben sich für ihren Auftritt Unterstützung von einem Gospel-Chor geholt. Das ist auch bitter nötig, denn ihre Performance wirkt unkoordiniert, die Stimmen treffen nicht immer den Punkt. Das alles ist dem Publikum allerdings egal, Big Soul sind die Lieblinge der Fans. Auch Till Brönner ist voll des Lobes. Und Sarah Connor freut sich, dass die vier Mädels endlich einmal ihren "Popo bewegt" haben.

Die großen Gefühle helfen Mati nicht

Nach einer kurzen Pause, musikalisch ausgefüllt von Flo Rida, startet Mati Gavriel mit "You Are Not alone" in die zweite Runde. Den Song von Michael Jackson singt Mati für seinen verstorbenen Vater – ohne tragische Geschichte kommt halt keine Castingshow aus. Der Song des verstorbenen King of Pop passt wie die Faust aufs Auge zum letzten männlichen Kandidaten im Wettbewerb – und er fährt das ganz große Gefühlskino auf: Zu Beginn schwebt er auf einem Mond, zum Ende des Songs kommen drei Dutzend Kinder auf die Bühne. George Glück trifft den Nagel auf den Kopf: "Du bist der Peter Pan im Wettbewerb."

Edita Abdieski singt sich dagegen vor ganz reduzierter Kulisse mit dem Gänsehautsong "You are so beautiful" in die Herzen der Zuschauer, selbst Sarah Connor kann sich mit Lob nicht zurückhalten.

Zum Abschluss zeigen Big Soul noch einmal, dass der Gruppename Programm ist. Mit dem Song "I'll be there" von den Jackson Five untermauern die sympathischen und stimmgewaltigen Damen ihren Anspruch auf den Einzug ins Finale – es ist einer ihrer besten Auftritte in der gesamten Staffel.

Frauenstimmen bestimmen das Finale

Bevor das Publikum abstimmen darf, sind Gossip dran. Sängerin Beth Ditto zeigt mit ihrem seltsamen Auftritt dabei, dass sie den X-Factor hat – auch wenn sie selbst sagt, dass sie als Kandidatin wahrscheinlich nach der ersten Folge rausgeflogen wäre. Ein bisschen Finale-Stimmung kommt auf, als alle verbliebenen Kandidaten gemeinsam mit ihren Mentoren den Evergreen "Somewhere Over The Rainbow" interpretieren - Judy Garlands Klassiker aus der Verfilmung des Romans "Der Zauberer von Oz".

Am Ende hat sich das Publikum gegen Mati Gavriel und für die besten Stimmen entschieden. Somit gibt es ein rein weibliches Finale. Aber egal, ob in der letzten Sendung Edita Abdieski oder Big Soul gewinnen werden. Es bleibt den fünf Damen zu Wünschen, dass ihnen das Schicksal der Sieger anderer Castingshows erspart bleibt. Die meisten Karrieren als Super- oder Popstar dauerten nur einen Sommer.

PRODUKTE & TIPPS