Wie beginnt man ein offenes und ehrliches Gespräch über das eigene Befinden, wenn man Depressionen hat? Mit einem Tattoo, hofft Bekah Miles. Die 20-Jährige traf mit ihrem Posting einen Nerv - und erhielt riesige Aufmerksamkeit.
Äußerlich sieht man es Bekah Miles nicht an. Auf jedem Foto ihres Instagram-Kanals, auf jedem Bild, das sie bei Facebook postet - Bekah strahlt von einem Ohr bis zum anderen. Und das ist genau das Problem: Depressionen sieht man den wenigsten Menschen an. Und niemand spricht freiwillig darüber, wenn er unter Depressionen leidet. Die Angst davor, Schwäche zu zeigen, als nicht belastbar oder gar arbeitsunfähig abgestempelt zu werden, hält Betroffene davon ab, mit ihrer Krankheit hausieren zu gehen. Im Job und sogar im Freundeskreis ist das Thema tabu.
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Bekah Miles lebt im Bundesstaat Oregon in den USA. Dort leidet jeder Fünfte unter einer psychischen Erkrankung, wie dies National Alliance on Mental Illness belegen kann, das sind 43,7 Millionen US-Bürger. Das sind Menschen, die auf die Frage "Wie geht's dir?" grundsätzlich "Gut" antworten und ihr Leiden und ihren Schmerz hinunterschlucken. Bekah will das nicht länger. Sie leidet schon länger unter Depressionen und erhielt im vergangenen Jahr die entsprechende Diagnose.
Bekah hat sich nun ein Tattoo stechen lassen, das Kommunikation verspricht. In der vergangenen Woche postete sie es auf Facebook - zusammen mit einem langen Brief, den wir unter ihrem Posting übersetzt haben.
(Liebe Mama und Papa, bitte bringt mich nicht um für diese permanente Entscheidung. Ich möchte, dass ihr mich ausreden lasst.)
Heute möchte ich über etwas sprechen, das nur wenige von euch wissen. Ich bin bereit, ein Gespräch über meine psychische Erkrankung zu führen.
Im vergangenen Jahr wurde bei mir eine Depression diagnostiziert. Und ganz ehrlich glaube ich, dass es schon eine ganze Weile davor ein Problem war. Aber ich denke, es ist immer schlimmer geworden, bis zu dem Moment, als kaum noch etwas funktioniert hat.
Heute habe ich mir also dieses Tattoo stechen lassen. Ich glaube, dass mein Bein die beste Stelle für die Bedeutung dahinter ist. Wenn andere es sehen, steht dort "I'm fine", aber aus meiner Perspektive "safe me". Für mich bedeutet es, dass alle anderen diese Person sehen, der es gut zu gehen scheint, aber in Wirklich geht es ihr gar nicht gut. Es erinnert mich daran, dass Menschen, die glücklich wirken, sich vielleicht in einem inneren Kampf befinden.
Depression zeigt sich bei mir an den Tagen, an denen ich ohne Grund traurig bin. Depression bedeutet Morgende, an denen ich mich nicht in der Lage sehe, aufzustehen. Depression heiß, zu viel oder zu wenig zu schlafen. Depression ist die Hausaufgabe, die ich nie fertig wurde, einfach weil ich mich nicht dazu in der Lage sah. Depression sind meine Zusammenbrüche wegen nichts. Depression heißt, zu viel oder zu wenig zu essen. Depression sind die Nächte, in denen ich anfange zu weinen, weil ich mich erdrückt fühle, obwohl alles in Ordnung ist. Depression sind die 50 Pfund, die ich ständig auf dem Herzen habe. Depression ist das Bedürfnis, sich dauernd abzulenken (durch Social Media, Videospiele, Filme und TV-Shows oder viel Arbeit), weil ich mich nicht länger als drei Minuten konzentrieren kann. Depression sind die Freundschaften, die gelitten haben, weil ich nicht funktioniere. Depression sind die schmerzhaften Gedanken und Taten, die ich gegen mich selbst habe. Depression sind die Tränen, die ich weine, weil ich nicht weiß, warum ich mich so wertlos fühle, obwohl ich eigentlich glücklich sein sollte.
Es ist sehr schwer, offen darüber zu sprechen, weil es mir extrem schwerfällt, mich verletzlich zu fühlen ... aber es ist wichtig, darüber zu reden. Psychische Erkrankungen sind etwas Ernstes, aber so schambehaftet in unserer Gesellschaft. Unsere körperliche Gesundheit ist uns so wichtig, aber wir kümmern uns kaum um unsere Geistigesverfassung. Und das ist echt verrückt. Eine psychische Erkrankung sucht man sich nicht aus, sie kann jeden irgendwann im Leben treffen. Aber wenn es so ein großes Problem ist, warum sprechen wir dann nicht darüber?
Deshalb habe ich dieses Tattoo stechen lassen. Damit kann man gut ein Gespräch beginnen. Es zwingt mich, über meinen eigenen Kampf zu sprechen und darüber, warum das auch wahrgenommen werden muss. Du wärst überrascht, wie viele Menschen DU kennst, die an Depressionen, Ängsten oder psychischen Krankheiten leiden. Ich mag nur eine Person sein, aber einer kann einen anderen retten ... und das ist alles, was ich will.
Vielleicht ist das auch ein Grund, warum ich mich für Psychologie interessiere. Ich möchte Menschen helfen, die sich so fühlen, wie ich früher - und auch heute noch - weil es die Hölle ist. Und ich wünsche das niemandem.
"Ich denke, die traurigsten Menschen geben sich immer die größte Mühe, Menschen glücklich zu machen, weil sie wissen wie es ist, sich absolut wertlos zu fühlen und nicht möchten, dass sich irgendjemand so fühlt." - Robin Williams.
**Noch ein DANKE an alle, die mir bei diesem Kampf geholfen haben. Ohne euch wäre ich nicht da, wo ich heute bin.**
400.000 Likes
Für ihr Posting hat Bekah neben 400.000 Likes auch große mediale Aufmerksamkeit erhalten. Sie hat dem Tabuthema eine neue Chance gegeben, ins gesellschaftliche Bewusstsein zu gelangen. Und vielleicht auch jeden ihrer Leser inspiriert, ruhig mal zu sagen: "Mir geht's nicht gut." Weil reden hilft und schweigen Einsamkeit bedeutet.