Potsdam Deutschlands erster Friseursalon für Mensch und Hund: Hier kriegt jeder sein Fell weg

Von Katrin Denecke
Hund und Herrchen sitzen beim Friseur
"Sobald ich anfange, merken auch die ängstlichen Hunde, dass hier nichts Schlimmes passiert", sagt der gelernte Friseur Daniel Thonke
© Nikita Teryoshin
Eine neue Frisur für Frauchen oder eine Schur für den Pudel gefällig? In diesem Potsdamer Friseursalon bekommen Zwei- und Vierbeiner die Haare schön.

"Einmal Bärchenschnitt?", fragt Daniel Thonke seine Kundin, während er ihre Malteserhündin Flocke behutsam auf den Frisiertisch setzt. Flocke ist noch etwas misstrauisch und zittert leicht, vielleicht weil der hohe Tisch sie an eine Tierarztbehandlung erinnert. Doch statt Skalpell und Spritze holt der 44-Jährige seine Schermaschine hervor. "Sobald ich anfange, merken auch die ängstlichen Hunde, dass hier nichts Schlimmes passiert", sagt der gelernte Friseur, der auf zwanzig Jahre Berufserfahrung zurückblicken kann.

"Haare schneiden tut schließlich niemandem weh." Flockes Frauchen Sabine gibt ihre kleine Hündin vertrauensvoll in Daniels Obhut, während sie selbst ein paar Besorgungen macht. "In einer Dreiviertelstunde kannst du sie wieder abholen", ruft der Friseur ihr nach. Sabine selbst lässt sich heute nicht die Haare schneiden, obwohl die "Fellfritzen" keineswegs ein reiner Hundefriseur sind. "Auch Menschen können bei uns einen neuen Schnitt bekommen, und das sogar zur selben Zeit wie ihr Liebling", erzählt Daniel Thonke, der den Salon im November vergangenen Jahres gemeinsam mit seiner Frau Beatrice eröffnet hat.

Ihr Konzept, also der Haar-und-Fell-Service für Mensch, Hund und sogar Katze, ist in Deutschland einzigartig. Zumindest noch. "Wir rechnen jeden Tag damit, dass jemand auf den Zug aufspringt und einen Salon wie unseren eröffnet", so Daniel. Dass der Bedarf an Hundefriseuren zumindest in Potsdam groß ist, weiß er. "Es gibt hier noch fünf weitere Läden, bei denen man oft zwei bis drei Monate auf einen Termin warten muss." Bei den "Fellfritzen" geht es derzeit noch etwas schneller, etwa eine Woche vorab müssen Kunden dort ihren Termin anfragen. Das könnte sich jedoch schon bald ändern: Das Konzept der Thonkes wird immer besser angenommen.

Auch für Angst- oder Problemhunde geeignet

"Anfangs wurden oft nur die Hunde vorbeigebracht, mittlerweile bleiben aber auch immer mehr Besitzer auf einen Haarschnitt hier", erzählt Daniel Thonke. Die Idee dazu entstand aus einer Bierlaune heraus. "Eine Freundin erkundigte sich auf einer Party halb im Spaß bei mir, ob ich nicht auch ihren Hund mal scheren könnte, wo ich doch Friseur sei", erinnert sich Daniel. "Gesagt, getan. Am nächsten Tag habe ich ihrem Hund eine neue Frisur verpasst, und sie war vom Ergebnis begeistert. Ich selbst war auch überrascht, wie gut dieser erste Versuch gelungen war." 

Die "Fellfritzen" waren damit geboren. "Nur die Ausbildung zum Hundefriseur fehlte mir noch", so Daniel. "Also absolvierte ich in den folgenden Monaten mehrere Praktika in renommierten Hundesalons." Dort lernt Daniel nicht nur die richtigen Schneide- und Schertechniken, sondern auch viele Feinheiten über die Psychologie des Hundes. "Dadurch weiß ich heute sicher, wie ich richtig mit Angst- oder Problemhunden umgehe." Als er nach bestandener Prüfung sein Zertifikat in den Händen hält, bietet er seinen Service vorerst mobil an. "Doch die Verkehrslage in Potsdam ist so katastrophal, dass ich mehr im Stau stand, als bei meinen Kunden war", erinnert sich Daniel. Deshalb zögern er und seine Frau nicht lange, als sie im vergangenen Jahr den charmanten Laden mit dem kleinen grünen Hinterhof in der Nähe des Potsdamer Hauptbahnhofs finden.

"Standort und Raumaufteilung passten genau: Im vorderen Bereich kümmere ich mich um die Tiere, während ihre Halter im hinteren Bereich Strähnchen und Co. bekommen." Die beiden offenen Räume hat Daniel so eingerichtet, dass Hund und Mensch sich während der Behandlung zwar nicht sehen, aber zumindest hören können. "Meiner Erfahrung nach funktioniert die Behandlung bei den Hunden besser, wenn sie Herrchen oder Frauchen währenddessen nicht im Blick haben", erzählt Daniel Thonke und fügt mit einem Augenzwinkern hinzu: "Dann halten sie einfach besser still und zicken weniger herum." Das mit dem Stillhalten ist vor allem dann ein Thema, wenn Hunde das erste Mal bei Daniel auf dem Frisiertisch stehen wie heute Flocke. "In solchen Fällen fixiere ich den Hund immer sicherheitshalber am Galgen", erklärt Daniel und zeigt auf den schwarzen Haltegurt, dessen Schlinge tatsächlich galgenähnlich über dem Tisch befestigt ist. "Wenn die Tiere dann merken, dass sie hier wirklich nichts auszustehen haben, schere und schneide ich ihr Fell ohne Galgen – das ist entspannter für den Hund und auch für mich." 

Während Daniel sich hauptsächlich um die Hunde kümmert und sich auf das Handtrimmen spezialisiert hat, ist seine Frau vor allem für die Katzen zuständig. "Beatrice war jahrelang Züchterin von Katzen und kennt sich daher sehr gut mit den Verhaltensweisen dieser Tiere aus", erzählt Daniel. "Ich selbst tue mich manchmal etwas schwer mit Katzen. Es kam auch schon vor, dass ich eine Katze nicht scheren konnte, weil sie es nicht zugelassen hat. Das ist mir bei einem Hund noch nie passiert." 

Pfoten- und Krallenpflege beim Friseur

Daniels Händchen für Hunde kommt nicht von irgendwoher: "Ich habe Hunde, seit ich denken kann. Immer größere Exemplare, meist anspruchsvolle Charaktere", erzählt er. "Aktuell habe ich zwei Olde English Bulldogs, vorher war es ein American Staffordshire Terrier. Sowohl damals als auch heute werde ich oft angefeindet wegen dieser angeblich so gefährlichen Hunde." Genau aus diesem Grund ist es Daniel auch ein Anliegen, eine Lanze für gelistete Rassen zu brechen und sie in seinem Salon besonders willkommen zu heißen. "Es kommen viele Besitzer mit sogenannten Kampfhunden zur Pfoten- und Krallenpflege zu uns", erzählt er. "Viele Tierärzte behandeln solche Rassen per se schon mal nur mit Maulkorb, und die Tiere sind sehr gestresst bei den Besuchen. Bei mir sind sie dagegen meist völlig entspannt. Weil sie hier weder Medikamente noch Stress von anderen Tieren riechen", erzählt Daniel.

Apropos Geruch, wer bei Daniel im Salon "Eau de nasser Hund" erwartet, täuscht sich gewaltig. Es duftet eher nach zartem Shampoo und Haarwasser, wenn man den Laden betritt. "Natürlich kann man es nicht vermeiden, dass es bei Regen hier auch mal nach nassem Fell riecht, aber Hygiene ist bei uns das A und O", erzählt Daniel. "Denn auch wenn die meisten Halter sich an herumliegenden Hundehaaren oder am Geruch vielleicht nicht stören würden, sollen sich hier auch Nichthundehalter wohlfühlen. Die sind schließlich genauso willkommen zum Haareschneiden."

Einige von Daniels hundelosen Kunden kommen übrigens besonders gern oder sogar hauptsächlich wegen der tierischen Gäste in seinen Salon. "Die freuen sich immer riesig, wenn ein Hund hier ist, den sie streicheln können." Diese Liebe zu Hunden ist es auch, die Daniel und seine Kunden verbindet. "Wenn mich jemand fragt, wofür ich morgens aufstehe, kann ich nur sagen: Dafür!", sagt Daniel und zeigt auf die kleine Flocke, die ihm bestätigend über die Nase leckt, als wäre es abgesprochen. "Hunde sind einfach die besseren Menschen. Deshalb ist es für mich persönlich das absolute Glück, sie nicht nur privat, sondern auch beruflich immer um mich zu haben. Mehr brauche ich nicht."

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