So ein Interview mit den vier Darstellerinnen von "Sex and the City" kann ganz schön desillusionierend sein. Jahrelang haben wir mit den vier New Yorkerinnen der erfolgreichen HBO-Serie mitgefiebert. Sind mit Carrie Bradshaw Schuhe kaufen gegangen, haben mit Charlotte York verzweifelt versucht schwanger zu werden, sind mit Samantha Jones durch die Betten New Yorks gehüpft und haben mit Miranda Hobbes das perfekte Familienglück genossen. Beim Treffen mit den Hauptdarstellerinnen in Berlin dann der große Schock: Sarah Jessica Parker macht sich nichts aus Mode, Kim Cattrall steht nicht auf One-Night-Stands, Cynthia Nixon braucht keine Liebe für guten Sex, und Kristin Davis ist überzeugter Single.
Kristin Davis: Oh, hübsches Shirt. Das hab ich auch!
Danke! Ist das jetzt eigentlich gut oder schlecht?
Kristin Davis: Nein, sehr gut!
Also würden Sie nicht nach Hause fahren, wenn auf einer Party eine andere das gleiche Kleid trägt wie Sie?
Kristin Davis: Ach mein Gott, so was passiert. Da muss man sich dann einen Spaß draus machen und sich zusammen fotografieren lassen oder so. Aber deswegen die Party verlassen? Niemals!
Miss Parker, die wichtigste Frage zuerst: Gibt es ein Happy End zwischen Carrie und Mr. Big?
Sarah Jessica Parker: Einen Teufel würde ich tun und jetzt die wichtigste Frage des ganzen Films verraten! Seit über einem Jahr versuchen wir das geheim zu halten.
Okay, reden wir über Mode...
Kristin Davis: Ach, wissen Sie, wenn man Zeitschriften durchblättert, hat man den Eindruck, dass alle Schauspieler den ganzen Tag nur shoppen. Das ist nicht so. Wir haben gar keine Zeit dazu. Und wenn, dann tun wir Mädels das in erster Linie, um zusammen zu sein. So wie Männer Fußball gucken und zusammen Bier trinken, gehen wir Schuhe kaufen.
Sarah Jessica Parker: Ganz ehrlich, ich bin nicht heiß aufs Shoppen. Ich weiß, das hören Frauen nicht gerne. Aber ich habe einen kleinen Sohn, den ich morgens schnell zur Schule bringen muss. Und New York ist immer verregnet. Da trage ich praktische Sachen. Aber natürlich ist es schön, sich auch mal aufzubrezeln wie heute.
Was tragen Sie denn heute?
Sarah Jessica Parker: Dieses Kleid ist Vintage, secondhand. Kein Label...
Oh mein Gott, diese Schuhe! Wie können Sie damit laufen?
(Sarah Jessica Parker trägt schwarze Lack-Stilettos mit mörderisch hohen 12-Zentimeter-Pfennigabsätzen von Yves Saint Laurent)
Sarah Jessica Parker: Wollen Sie mich verarschen? Das sind doch FlipFlops! (lacht)
Miss Davis, Sie tragen flache Schuhe. Dürfen Sie das überhaupt, wenn Sie in "Sex and the City"-Mission unterwegs sind?
Kristin Davis: Michael Patrick King (der Regisseur des Kinofilms) hat mir dafür gerade auf dem Flur den Hintern versohlt!
Heißt das, Sie müssen High Heels tragen?
Kristin Davis: Ein gewisser Druck ist schon da. Wir bekommen einen Batzen Geld dafür, dass wir das tun. Das haben wir uns auch immer und immer wieder gesagt, wenn wir morgens um fünf Uhr im kalten New York mit zehn Zentimeter hohen Absätzen übers Kopfsteinpflaster gelaufen sind: Dafür werden wir bezahlt! Aber ich will nicht jammern. Es gibt natürlich weitaus härtere Jobs, als mit High Heels durch die Gegend zu laufen.
Ist es anstrengend, immer als Fashion-Ikone angesehen zu werden?
Sarah Jessica Parker: Ich finde, andere Frauen haben es weitaus mehr verdient, als Fashion-Ikone verehrt zu werden als ich. Ich mach mir da nichts draus, ehrlich nicht.
Kim Cattrall: Ich finde es fantastisch. Wir sind doch Mädchen. Ich liebe Klamotten. Ich liebe shoppen. Dafür wurden Kreditkarten erfunden, Mädels. Na ja, und Limits auf Kreditkarten (lacht). Ich liebe die Frühjahr-/Sommer-Kollektion, die Herbst-/Winter-Kollektion, und zwischendurch geh ich mit meinen Freundinnen essen. Das ist doch ein Riesenspaß.
Cynthia Nixon: Shoppen ist eine Art, sich selbst zu belohnen und sich selbst zu zeigen, dass man sich liebt. Aber ich habe den ganzen Schrank voll mit Kleidern aus der Serie und dem Film. Das Letzte, was ich in meinem Leben brauche, sind noch mehr Klamotten.
Können Sie etwa alle Outfits behalten?
Cynthia Nixon: Die meisten. Das ist ja auch mein Problem: Die "Sex and the City"-Outfits machen 90 Prozent meiner Garderobe aus. Nach den Dreharbeiten musste ich wieder einen ganzen Haufen aussortieren, damit genug Platz ist für die ganzen neuen Kleider, Schuhe, Taschen, Handschuhe und Schals. Das ist der Fluch der Serie. Und dass man immer über Klamotten reden muss.
Na gut, reden wir über Sex...
Kim Catrall: Guter Sex macht dich zufrieden und erfüllt. Guter Sex hat auch etwas mit Verbundenheit zu tun. Viel zu viele Frauen trauen sich nicht, den Männern klar und deutlich zu sagen, was sie wollen - nicht nur körperlich, auch emotional.
Cynthia Nixon: Ich denke, manchmal ist es sogar noch aufregender, wenn man nicht emotional verbunden ist. Man muss doch nicht verliebt sein, um guten Sex zu haben.
In Kalifornien wurde heute morgen das Verbot gleichgeschlechtlicher Eheschließungen für verfassungswidrig erklärt. Miss Nixon, Sie haben eine Freundin, was sagen Sie dazu?
Cynthia Nixon: Das ist aufregend. Es hat viel zu lange gedauert. Schwarzenegger legte allerdings sein Veto ein. Ich denke, das macht er nur, weil er hofft, irgendwann Präsident werden zu können, und Angst hat, dass es sich negativ auf seine Karriere auswirken würde. Männer...
Was haben Sie über Männer und Frauen gelernt während all der Jahre, in denen Sie "Sex and the City" drehen?
Kim Cattrall: Ich lerne immer noch über Männer. Und verschiedene Typen von Männern. Ich bin gerade mit jemandem aus einer ganz anderen Generation zusammen (Anm. der Red.: Cattrall datet den 28-jährigen Alan Wyse). Er führt ein ganz anderes Leben als ich, aber es berührt sich hier und da. Er kann viel besser mit einer starken Frau wie mir umgehen als einige Männer in meinem Alter.
Cynthia Nixon: Ich denke eine der wichtigsten Botschaften der Serie war und ist: Halte dein Herz offen. Habe keine Angst, nur weil du vielleicht einmal verletzt worden bist. Man weiß nie, wann man die Liebe seines Lebens trifft. Es muss nicht mit 25 sein. Es kann auch mit 30, 40 oder 50 passieren.
Lesen Sie auf Seite 2 über den angeblichen Zickenkrieg, Details zu den Dreharbeiten und den Einfluss der Serie auf Frauen...
"Sex and the City" ist nicht nur ein Film über Sex und Mode, sondern vor allem auch über Freundschaft. Wie wichtig sind Ihnen Freundschaften im wahren Leben?
Cynthia Nixon: Wenn man keine Freunde hat, zu denen man gehen kann, mit denen man feiern und reden kann, die man nach Rat fragen kann, dann ist das Leben sehr langweilig.
Sarah Jessica Parker: Freunde inspirieren mich, sorgen dafür, dass es mir gut geht, und sie lieben mich. Es ist ein großes Privileg, dass ich mit Freunden zusammenarbeiten darf. Wir haben uns selbst dazu entschlossen, den Film zu machen. Wir wurden weder gezwungen, noch gab es vertragliche Vereinbarungen.
Cythia Nixon: Die Leute reden immer gerne von Zickenkrieg und Konkurrenzdenken. Ja, es gab Unstimmigkeiten. Aber das ist doch ganz normal. Wir vertrauen einander. Und wir lieben uns.
Warum hat es so lange gedauert, bis der Film in die Kinos gekommen ist? Es wurde viel über Streitereien geredet...
Kim Catrall: Ja, das hat mich schon geärgert. Aber wissen Sie, vor vier Jahren sah die Welt ganz anders aus. Mein Job, der beste der Welt, war plötzlich vorbei, meine Scheidung wurde öffentlich ausgeschlachtet, mein Vater erkrankte an Demenz. Ich war wie aufgelöst. Ich brauchte einfach eine Auszeit.
Verraten Sie doch etwas mehr von den Dreharbeiten!
Cynthia Nixon: Wir hatten ja schon während der Dreharbeiten zur Serie immer wieder Zuschauer auf den Straßen New Yorks. Aber das war nichts im Vergleich zu den Menschenmassen, die den Filmdreh beobachteten. Das waren Hunderte! Und das den ganzen Tag über. Das war manchmal wie ein Rockkonzert.
Sarah Jessica Parker: Was ich an den Dreharbeiten so spannend fand, war, dass wir Zutritt zu Plätzen in New York bekommen haben, wo normalerweise nicht gedreht wird. Wie die Public Library. Oder die original "Vogue"-Redaktion.
Wie hat sich das angefühlt, plötzlich wieder in Carries altem Apartment zu stehen?
Sarah Jessica Parker: Es war merkwürdig und vertraut zugleich. Es hatte schon etwas von forensischer Archäologie. Jeremy Conway, der Produktions-Designer, hat schon einen tollen Job gemacht und die ganzen original Accessoires von damals wieder zusammengesucht. Das war unglaublich.
Frau Cattrall, wie viel Samantha steckt in Ihnen?
Kim Cattrall: Nun, wir sehen uns ganz schön ähnlich (lacht). Aber sie ist viel mutiger als ich. So tapfer. Sie hat dieses fabelhafte Strahlen - egal, was sie tut. Ich lebe in einer realen Welt. Wenn ich morgens in den Spiegel schaue, sehe ich ein echtes Gesicht. In meiner Welt hätte es Konsequenzen, wenn ich so reden würde wie Samantha. Aber Sam ist toll. An ihrem 50. versteckt sie sich nicht unter ihrer Bettdecke. Sie schreit es in die Welt hinaus: "Ich habe meine 20er, 30er und 40er überlebt. Es geht mir blendend!"
Ist es ein Segen oder ein Fluch, Samantha zu spielen?
Kim Cattrall: Es ist beides. Vor allem aber ein Segen. Eine Frau in meinem Alter spielt für gewöhnlich nicht die Sexbombe. Das ist fantastisch. Aber diese Rolle hat mir auch viele andere Chancen verbaut. Das ist frustrierend. Ich liebe das Theater. Das ist meine erste Liebe. Tennessee Williams, Shakespeare...
Wenn Sie noch einmal 20 sein könnten, für eine Nacht, was würden Sie tun?
Kim Cattrall: Ich war nie richtig lange Single. Das würde ich gerne noch mal so richtig genießen. Ausgehen, Spaß haben. Meine 20er waren ganz schön turbulent. Wenn ich mir meine alten Tagebücher angucke, kann ich nur sagen: Ich war so dramatisch. Heute würde ich sagen: Komm mal runter, nimm das alles nicht so ernst.
Sarah Jessica Parker: Im Gegensatz zu damals weiß ich jetzt aber besser, was gut für mich ist. Ich fälle andere Entscheidungen, bin selbstbewusster.
Die Serie hat durch ihren offenen Umgang mit Sex in den vergangenen zehn Jahren viel bewegt. Sind Sie sich eigentlich darüber bewusst, welchen Einfluss Sie auf Frauen haben?
Sarah Jessica Parker: Die Show spricht Frauen an. Aus unterschiedlichen Gründen. Die Dialoge sind ebenso provokant wie lustig. Vor allem ist es aber die Freundschaft der Frauen, die unsere Fans über die Jahre an die Serie gebunden haben. Aber wir hätten, als wir anfingen, niemals gedacht, dass "Sex and the City" so ein Phänomen wird. Dass wir zehn Jahre später einen Film herausbringen und jetzt hier mit Ihnen in Berlin sitzen und darüber sprechen.
Kommen oft Leute auf Sie zu, die meinen, Sie zu kennen, die nur die Carrie in Ihnen sehen?
Sarah Jessica Parker: Das passiert mir jeden Tag. Aber so ist das nun mal mit dem Fernsehen. Du kommst zu den Leuten nach Hause ins Wohnzimmer. Fast jeden Tag. Da passiert das schon mal, dass die Leute denken, sie kennen dich. Aber das ist unser Job. Dafür hatten wir zehn wundervolle Jahre. Dafür müssen wir es hinnehmen, dass die Leute alles glauben, was in der Zeitung über uns steht.
Nun, ich habe heute gelesen, dass Sie sich nach einem Haus in Berlin umsehen...
Sarah Jessica Parker (lacht): Sehen Sie? Das stimmt nicht! Berlin ist eine unglaubliche Stadt. Und ich würde gerne noch mal mit mehr Zeit, meinem Sohn und meinem Mann zurückkommen. Aber ich fühle mich viel zu verbunden mit New York. Das ist meine große Liebe.