Im Missbrauchsprozess gegen den amerikanischen TV-Comedian Bill Cosby hat die zentrale Zeugin ausgesagt: Die 44-jährige Andrea Constand, um deren Fall es in dem Prozess geht, sagte am Dienstag vor dem Gericht in Norristown, Cosby habe sie im Januar 2004 in seinem Haus in der Nähe von Philadelphia mit Tabletten und Wein betäubt und dann sexuell missbraucht. "Ich wollte, dass es aufhört", sagte Constand.
Das Verfahren, das im Staat Pennsylvania verhandelt wird, dreht sich um die Vorwürfe der früheren Universitätsmitarbeiterin gegen Cosby und soll zwei bis drei Wochen dauern. Der Schauspieler hat zwar zugegeben, der Frau eine Tablette gegeben zu haben. Nach seiner Darstellung war der Sex jedoch einvernehmlich.

Zwar wird Cosby insgesamt von rund 60 Frauen beschuldigt, sich in früheren Jahrzehnten an ihnen vergangen zu haben. Die meisten Anschuldigungen sind aber inzwischen verjährt, sodass der Strafprozess zu Constands Anschuldigungen der einzige ist, der den Schauspieler ins Gefängnis bringen könnte. Ihm wird in drei Anklagepunkten schwerer unsittlicher Angriff vorgeworfen. Bei einem Schuldspruch durch die zwölfköpfige Geschworenen-Jury drohen dem 79-Jährigen mehrere Jahre Haft und eine Geldstrafe von 25.000 Dollar.
Sie sah in Bill Cosby damals einen Mentor
Die damals 30-jährige Constand hatte nach eigenen Angaben in Cosby einen Mentor gesehen und ihn aufgesucht, um ihn um Rat zu fragen. Constand leitete damals das Frauen-Basketball-Team an der Temple University in Philadelphia, er saß im zuständigen Ausschuss. Sie habe Cosby gefragt, ob die Tabletten, die er ihr "zur Entspannung" gegeben habe, pflanzlich seien. Dies habe er bestätigt. "Ich habe gesagt, dass ich Ihnen vertraue", sagte Constand im Gericht an den Angeklagten gewandt.
Etwa eine halbe Stunde nach Einnahme jener „blauen Pillen“ habe sie Sprach- und Koordinationsstörungen gehabt und doppelt gesehen, sagte Constand. Nachdem sie kurz das Bewusstsein verloren habe, habe sie bemerkt, dass Cosby ihre Geschlechtsteile angefasst habe. "In meinem Kopf habe ich versucht, meine Hände zu bewegen, meine Beine zu bewegen, aber ich war eingefroren und diese Botschaften kamen nicht dort an", sagte Constand mit zittriger Stimme aus.

Cosby will in dem Prozess nicht aussagen. Sein Anwalt hatte am Montag beim Prozessauftakt noch einmal betont, sein Mandant habe einvernehmlichen Sex mit Constand gehabt.
Cosby und Constand hatten sich im Jahr 2006 in einem Zivilverfahren gütlich geeinigt. Vor zwei Jahren wurde der Fall dann aber von der Staatsanwaltschaft neu eröffnet - dies war zu einer Zeit, als aus den Medien eine Flut von Missbrauchswürfen über den TV-Komiker niederging.
Nur wenige Größen der US-Entertainmentbranche sind im öffentlichen Ansehen derart tief abgestürzt wie Bill Cosby. Über sein Schicksal entscheidet eine zwölfköpfige Geschworenen- Jury. Auf diese wartet eine extrem knifflige Aufgabe. Denn es wird letztlich Aussage gegen Aussage stehen. Der Richter hatte nur eine einzige weitere Frau, die Missbrauchsvorwürfe gegen den Schauspieler erhebt, als Zeugin zugelassen - eine schwere Niederlage für die Anklage, die 13 Frauen in den Zeugenstand rufen lassen wollte. Die Strategie der Verteidigung zielt darauf ab, Constands Glaubwürdigkeit zu zerrupfen. Cosbys Anwälte stellen unter anderem die Frage in den Raum, warum sie ein Jahr wartete, bis sie den angeblichen Missbrauch meldete.
Sind die Vorwürfe auch rassistisch zu werten?
Die Verteidigung setzt zudem auch auf die Rassismus-Karte. Die Anschuldigungen gegen den afroamerikanischen Schauspieler gründeten auf "rassistischer Voreingenommenheit", erklärte sie im vergangenen Jahr. Die bittere Ironie dieser Strategie liegt darin, dass der Angeklagte einst Kultstatus über die Rassengrenzen hinweg genoss - die "Cosby Show" war nicht nur beim afroamerikanischen, sondern auch beim weißen Fernsehpublikum enorm populär. Jahrzehntelang wurde er als "Amerikas Dad" verehrt, war er in der Rolle als liebenswürdiger Arzt und gutmütiger Familienvater in seiner "Cosby Show" einer der populärsten TV-Stars der USA. Doch diese Zeiten erscheinen ewig her.