DDR-Retro Mittagessen mit Erich Honecker

Im Osten Berlins gibt es eine Kneipe mit Stasi-Motto. Das Lokal und Restaurant in der Normannenstraße, wo zu DDR-Zeiten das Ministerium für Staatsicherheit seine Zentrale hatte, heißt bezeichnenderweise "Zur Firma". Dort kann man neben Erich Honecker zu Mittag essen wie zu Zeiten vor dem Mauerfall.

Das Restaurant in der Lichtenberger Normannenstraße, wo zu DDR-Zeiten das Ministerium für Staatssicherheit seine Zentrale hatte, heißt "Zur Firma". Serviert wird ostdeutsche Küche wie Soljanka und Ragout Fin.

Zur Dekoration gehören geschredderte Akten, das Stasi-Logo und außen eine Kamera-Attrappe, wie Ideengeber Willi Gau in Berlin erklärte. "Wir wollen mit diesem Thema auch provozieren", sagte er. Das Ganze sei kein Scherz, sondern "satirischer Ernst".

Die "Honecker-Urne"

Selbst als Informeller Mitarbeiter (IM) kann man sich in dem Restaurant bewerben, auch eine "Honecker-Urne" findet sich dort. Kneipier Gau, 60 Jahre alt und "Ossi", hat bereits Gäste gehabt, die das Stasi-Thema geschmacklos fanden. Die Resonanz sei aber überwiegend positiv. Er und sein Kompagnon Wolle Schmelz, 53 und "Wessi", wollen mit der Kneipe zum 20. Jahrestag des Mauerfalls im Jahr 2009 besonders Touristen anlocken. War Gau selbst bei der DDR- Geheimpolizei? "Nein, um Gottes willen."

In Berlin wird häufiger versucht, mit Ostalgie-Erfindungen ein Geschäft zu machen. So kann man dort zum Beispiel im DDR-Auto auf "Trabi-Safari" gehen.

Regelmäßig sorgt das Geschäft mit der DDR- Erinnerung aber auch für Diskussionen über die Grenzen des guten Geschmacks - zumal eine kürzlich veröffentlichte Studie belegt, wie wenig Schüler in Ost und West über Stasi, SED und Sozialismus wissen.

Willi Brandt ist berühmter DDR-Politiker

19 Jahre nach dem Mauerfall wissen viele Schüler aus Ost und West nur sehr wenig über die DDR. In einer gerade veröffentlichten Befragung wurde beispielsweise der ehemalige Bundeskanzler und SPD-Chef Willy Brandt als berühmter DDR-Politiker bezeichnet. Einige Schüler vertraten die Meinung, dass es unter Staats- und Parteichef Erich Honecker in der DDR demokratische Wahlen gegeben habe. Die Studie stammt vom Forschungsverbund SED-Staat der Freien Universität Berlin. Befragt wurden mehr als 5200 Jugendliche in Bayern, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Berlin.

Demnach gibt es erhebliche Wissenslücken unter den Jugendlichen. So wussten die meisten nicht, wer 1961 die Mauer errichtet hat. Viele tippten auf die Bundesrepublik oder die Alliierten. Fast die Hälfte der ostdeutschen und 66 Prozent der westdeutschen Schüler bejahte die Aussage "Die DDR war keine Diktatur, die Menschen mussten sich nur wie überall anpassen." Die meisten kannten nicht einmal die Unterschiede zwischen Diktatur und Demokratie.

Die Forscher fanden auch heraus, dass es zwischen Kenntnisstand und Urteil über die DDR einen Zusammenhang gibt: Wer wenig weiß, beurteilt die DDR positiver. Dabei gab es deutliche Unterschiede zwischen Ost und West. Viele ostdeutsche Schüler lobten die sozialen Aspekte des SED-Staates, ohne jedoch die diktatorischen und repressiven Seiten zu sehen. Westdeutsche Jungen und Mädchen lobten - wenn auch in abgeschwächter Form - ebenfalls soziale Dimensionen des Lebens, kritisieren aber mehrheitlich den Charakter einer Diktatur. Vielleicht geht Aufklärung besser durch den Magen.

DPA
dpa

PRODUKTE & TIPPS

Mehr zum Thema