Heiratsmarkt West-Frauen entdecken den Ost-Mann

Immer mehr West-Frauen entdecken Ost-Männer als Partner fürs Leben. Seit 1991 hat sich die Zahl der West-Frauen, die einen Mann aus dem Osten heiraten, verdreifacht. Grund ist vor allem ein Imagewandel der "Ossis".

Die Zahl der deutsch-deutschen Eheschließungen in der Konstellation "Westfrau-Ostmann" hat sich von 1991 bis 2003 fast verdreifacht. Das ist das Ergebnis einer Erhebung des Fernsehmagazins "Umschau" in Zusammenarbeit mit zehn Statistischen Landesämtern, das der Mitteldeutsche Rundfunk am Montag in Leipzig vorab veröffentlichte. Die Zahl der Hochzeiten westdeutscher Männer mit ostdeutschen Frauen sei dagegen im gleichen Zeitraum um 15 Prozent zurückgegangen.

Laut MDR hat die Auswertung weiterhin ergeben, dass die Zahl der Ost-West-Hochzeiten von 1991 bis 2003 um rund 28 Prozent angestiegen ist. Damit hätten die Ost-West-Paare dem allgemeinen Trend getrotzt: Die Zahl aller Eheschließungen in Deutschland ist diesen Angaben zufolge seit der Wiedervereinigung um 16 Prozent gesunken. "Kurz nach der Maueröffnung wurde der deutsch-deutsche Heiratsmarkt vor allem von westdeutschen Männern dominiert, die ostdeutsche Frauen heirateten", berichtete der Sender. Westfrauen hätten hingegen eher selten mit einem Ostmann den Bund fürs Leben geschlossen. So sei Anfang der 90er Jahre auf drei Ehen in der Konstellation "Westmann-Ostfrau" nur eine Ehe "Westfrau-Ostmann" gekommen.

Imageproblem passee

Der Leipziger Sexualwissenschaftler Kurt Starke erklärte das Aufholen des "Ostmannes" mit einer geänderten Wertschätzung durch die Westfrauen. So habe das "Ostprodukt 'Mann'" Anfang der 90er Jahre wie vieles aus den neuen Bundesländern ein Imageproblem gehabt. "Er wurde als schlecht gekleideter und ungepflegter Verlierer ohne Manieren dargestellt", sagte Starke laut MDR. Zudem habe er objektiv keine materiellen Statussymbole wie teure Autos oder ein hohes Bankguthaben besessen.

Damit sei er der westdeutschen Konkurrenz unterlegen gewesen, resümierte Starke. Seit einigen Jahren habe sich aber die Einstellung der Frauen vor allem in Westdeutschland geändert: Sie legten nicht mehr nur Wert auf die schöne Verpackung, sondern schätzten die natürlichen Qualitäten des Ostmannes wie Bodenständigkeit und Ehrlichkeit, erklärte der Sexualwissenschaftler die Veränderungen auf dem deutsch-deutschen Heiratsmarkt.

Ost-West so selten wie Nord-Süd

Nach Angaben des MDR betrug die Zahl der Ost-West-Eheschließungen im Jahr 2003 in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Brandenburg, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Baden-Württemberg, Bayern und dem Saarland 3.087. Das seien 1,4 Prozent aller Eheschließungen (218.283) in diesen Ländern gewesen.

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Aus der Sicht des Sexualwissenschaftlers ist dieser kleine Teil der Eheschließungen aber kein Zeichen dafür, dass sich Ost und West nicht verstehen: "Diese Ausnahme reiht sich in eine Gruppe anderer kleiner Sonderformen der Partnersuche ein. So sind Ehen zwischen Nord- und Süddeutschen ähnlich selten", erklärte der Forscher.

AP
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