"Schock-Jock", "König der Medien" oder "Multimillionär": Howard Stern hat viele Namen. Einen darf er jetzt noch hinzufügen: "Reichster Radio-DJ der Welt". Der 53-jährige Satteliten-Talkshow-Host aus New York freut sich dieser Tage über einen Bonus von rund 83 Millionen Dollar. Bonus? Richtig gelesen. Diesen Betrag, einen Teil davon muss Stern an seinen Agenten abtreten, überwies sein Arbeitgeber "Sirius Satellite Radio" jetzt auf das Konto des schlacksigen Lockenkopfs.
Stern ist auch ohne diese "kleine Zusatzzahlung", wie er den Multimillionenbetrag flapsig abwertet, längst der reichste Radio-Moderator der Welt. War er es doch, der sich vor knapp einem Jahr aus dem Ultra-Kurzwellen-Radio wutschnaubend verabschiedete und bei Sirius einen Fünfjahresvertrag über 500 Millionen Dollar unterschrieb. "Ich hatte die Schnauze gestrichen voll, ständig zensiert zu werden", so Stern damals über seine Entscheidung ins All zu wechseln.
Obszöne Wortwahl und Sex-Themen
Mehrfach hatte die Federal Communications Commission (FCC), das ist die amerikanische mediale Aufsichtsbehörde, den "Shock-Jock" schon ob seiner obszönen Wortwahl und mit sexuellem Inhalt gefüllter Themen zur Räson gerufen. 2004 eskalierte der Streit zwischen Stern und der FCC, als sein damaliger Arbeitgeber, Clear Channel Communications, rund 1,75 Millionen Dollar an Strafgeldern für Sterns explizite Äußerungen on Air zahlen musste. "Ich fühlte mich hintergangen, zensiert in einer angeblich freien Gesellschaft", sagte Stern und zog sofort die Konsequenzen.
"Howard Stern ist ein Mann, der sich nicht verbiegen lässt", sagt Robin Quivers, seine Radiopartnerin, die schon seit mehr als 15 Jahren mit Stern zusammenarbeitet. Und Freund und Agent Don Buchwald fügt hinzu: "Howard fragt, was sich kein anderer traut. Dafür ist er bekannt."
Er traut sich, direkt zu fragen
Tatsächlich lässt Stern kein Thema unberührt. Als Hollywoods Klatschwelt noch rätselte, ob sich Pamela Anderson denn nun tatsächlich ihre Oberweite hat verkleinern lassen, fragte Stern die Protagonistin direkt on Air. Anderson verneinte, Stern applaudierte. Warum Martha Stewart ihre romantische Liäson mit Anthony Hopkins so schnell wieder abbrach, Howard Stern traute sich, nachzufragen. Stewarts Antwort: "Jedes Mal, wenn ich ihm einen Kuss gab, musste ich an Hannibal Lector denken. Ich konnte einfach nicht mehr." Das Zitat machte Schlagzeilen in Amerika. Die Direktheit und die hochexplosive sexuelle Atmosphäre der "Howard Stern Show" ist es, die ihn zum selbsternannten "König der Medien" gemacht hat. Er lädt Porno-Stars zu sich in die Show ein, diskutiert Selbstbefriedigung mit Oscar-Gewinnern und fragt kleinwüchsige Menschen nach ihrem Sexleben aus. "Howard Stern ist jeden Penny wert", sagt Analyst Craig Moffet von Sanford Bernstein & Co.
"Ich liefere dem Publikum, was es will"
Und tatsächlich: Alles, was Stern anfasst, scheint zu Gold zu werden. Zwei Bücher verkauften sich in nur wenigen Monaten millionenfach, ein Feature-Film wurde zum Box Office Hit. Seine Radioshow wurde im TV syndiziert und hatte vor dem Eingreifen der FCC enorme Einschaltquoten. "Ich liefere dem Publikum, was es hören und sehen will. Unsere prüden Gesellschaftskontrolleure aber wollen mich abschalten", bellte er in der David Letterman Show und trug bei seinem Auftritt ein T-Shirt mit dem Konterfei von Les Moonves, dem CBS-Boss. Unter dem Gesicht seines Bosses stand in großen Lettern: "Ich hasse Les Moonves." David Letterman übrigens wird in den USA auf CBS übertragen. Aufgewachsen in Long Island, New York, war "Klein Howard" (heute misst er über zwei Meter) immer das Kind, das lieber in der Wohnung blieb denn mit den anderen draußen herumzutollen. "Ich wurde ständig verprügelt, hatte kaum Selbstvertrauen", erinnert sich der Sohn eines Radiotechnikers.
Skandale ließen seinen Stern glänzen
Der Job seines Vaters war es dann auch, der Stern zum Radio lockte. Als lokaler DJ jobbte er in Detroit, Hartford und Washington D.C. Seine On-Air-Komik war immer ein bisschen "merkwürdig", berichtet Quivers. Und kam erst in New York so richtig gut an. Es waren kleine Skandale - zum Beispiel die Diskussion von Sex unter Rentnern - die Sterns Fangemeinde schnell anwachsen ließen. Und je mehr der dreifache Vater, der immerhin 20 Jahre glücklich verheiratet war, mit Bußgeldern belegt wurde, desto strahlender glänzte sein Stern am Radiohimmel.
2004 nutzte Newcomer Sirius Satellite die Chance, Stern anzuheuern. Der Megadeal über fünf Jahre hatte nur die Klausel: Bring uns innerhalb eines Jahres mindestens eine Million neue Abonnenten, so Sirius-Boss Mel Karmazin, der Stern einst zum nationalen FM-Star gemacht hatte. "Ich war skeptisch", so Stern, der dem Ruf des Geldes aber dann doch folgte.
83 Prozent mehr Abonnenten
Heute, ein Jahr später, hat Sirius Radio mehr als sechs Millionen Abonnenten (ein monatliches Radio-Abo für den Satelitten-Sender kostet rund 13 Dollar). Allein im letzten Jahr stieg die Abo-Basis um 83 Prozent. "Keine Frage, die Stern-Anstellung hat sich schon jetzt gelohnt für Sirius", so Kit Spring, Analyst bei Stifel Nicolaus. Und die Macht von Howard Stern scheint noch zu wachsen. Wird in den USA doch derzeit spekuliert, ob die Konkurrenz des Satelliten-Senders, der seinen Service unter anderem in den neuen Karossen von VW, Audi und BMW anbietet, XM Satellite Radio Holdings, sich eventuell mit Sirius verbündet. XM hat derzeit mit Bob Dylan und Oprah Winfrey eigene große Kaliber im Talkshow-Aufgebot. Howard Stern macht derzeit so weiter wie bisher. Er schockt und schockiert. Erst neulich wieder: Da war eine 75-jährige Rentnerin aus dem kalifornischen Altenparadies Palm Springs zu Gast. Stern wollte von der Besucherin wissen, ob alte Menschen noch Sex haben. Die Rentnerin lud Howard zu einem Wochenendbesuch nach Kalifornien ein. "Und vergiss die Kondome nicht", rief die Dame ins Mikrofon. Das sind Sprüche so ganz nach dem Geschmack des reichsten "Shock-Jocks" der Welt.