Schauspieler Kostja Ullmann "Das Ende meiner Ehe war der größte Wendepunkt in meinem Leben"

  • von Alexander Nebe
Schauspieler Kostja Ullmann
Schauspieler Kostja Ullmann
© Imago Images
Janin und Kostja Ullmann galten lange als deutsches Promi-Traumpaar. 2018 gaben sie ihre Trennung bekannt. Im Interview verrät der Schauspieler, wie er die Zeit als Single genutzt hat und warum er regelmäßig zur Psychotherapie geht.

In der Audible-Mysterythriller-Produktion "Der Rattenfänger 2" sind Sie neben Nina Hoss und Heino Ferch zu hören. Wie war die Zusammenarbeit mit den beiden?
Sehr spannend, ausgesprochen schön – aber auch kurz: Es gab in Berlin nämlich nur einen gemeinsamen Aufnahmetag, an dem wir uns in unsere Sprechrollen einarbeiten und uns aufeinander einstellen konnten. 

Wieso nur an einem Tag?
Es ist zeitlich einfach wesentlich effizienter, wenn wir in ein paar Tagen alleine im Studio unsere Texte komplett durcharbeiten bzw. einsprechen. Wenn wir alle zusammen da sind, wäre zwischendurch zu viel zeitlicher Leerlauf, in dem wir im Nebenraum auf unseren nächsten Einsatz warten müssten. Und bei den randvollen Terminkalendern vor allem von Nina und Heino war es schon schwer, den einen gemeinsamen Tag zu organisieren.

Aber ist die Energie und Spannung zwischen den Akteuren nicht viel größer, wenn man direkt miteinander interagieren kann?
Um ein Gefühl füreinander zu bekommen, ist ja der gemeinsame Aufnahmetag da. Der Rest ist dann die Leistung von uns Schauspielern.

In "Der Rattenfänger 2" geht es phasenweise extrem gruselig und deftig-brutal zu. Stehen Sie privat auch auf Nervenkitzel?
Phasenweise ja. Mit Anfang 20 habe ich zum Beispiel gerne harte Horrorfilme, aber auch düstere Psychothriller gesehen. Da war persönliche Grenzen austesten angesagt. Allzu extrem mag ich es heute zwar nicht mehr – aber für die Neuauflage von "Der Exorzist" bin ich kürzlich sogar ins Kino gegangen.

Unsere Welt ist aktuell herausfordernder und durch die vielen negativen Entwicklungen leider auch nervenzehrender denn je. Wie nehmen Sie sich eine Auszeit von dieser zuweilen gruseligen Welt?
Indem ich kleinere und größere Reisen unternehme. Demnächst werde ich zum Beispiel mit meinem E-Auto alleine nach Schweden fahren und dort eine kleine Rundreise machen. Es geht aber nicht in die Großstädte, sondern ich mache Stationen in beschaulich gelegenen Hütten. 

Skandinavien ist wunderschön – im Winter aber doch auch sehr dunkel und deprimierend.
Ich habe mit Dunkelheit so gar kein Problem und liebe die kuschelige Atmosphäre. Ich mag zwar auch die Sonne sehr, bin deshalb immer wieder gerne in Kapstadt, aber die Vorstellung, in einer kleinen Hütte am See mit Kamin und vielleicht auch einer Sauna die Welt hinter mir zu lassen, finde ich extrem reizvoll.

Was steht dort für Sie auf dem Programm?
Tagsüber gehe ich im Wald spazieren, abends lese ich ein Buch. Und mein Mobiltelefon nutze ich nur dann, wenn es wirklich nicht zu vermeiden ist. Sofern ich überhaupt ein Netz haben. Herrlich! So kann ich herunterkommen und mich innerlich sortieren.

Sie sagen, dass Sie alleine reisen. Demnach können Sie gut auch mal nur mit sich sein?
Das konnte ich bereits als Kind oder junger Mann mit der ersten eigenen Wohnung. Oft saß ich einfach nur so da und habe vor mich hingestarrt. Das sah von außen bestimmt so aus, als wäre ich ziemlicher Psycho. Aber in diesen Momenten habe ich intensiv über mein Leben nachgedacht. Auch heute bin ich phasenweise gerne alleine, lasse meine Gedanken fließen und schaue, was passiert.

Viele Menschen tun sich schwer damit, intensiv in sich hineinzuhorchen.
Das kann ich gut verstehen! Es ist nämlich gar nicht so einfach, sich selbst auszuhalten und kann eine Herausforderung darstellen, sich mit sich selbst zu konfrontieren. Sich selbst zu fragen: Wer bin ich, wie ticke ich und was will ich wirklich im Leben? Da ist es einfacher, sich in stillen, einsamen Momenten permanent mit dem Handy oder Netflix schauen berieseln bzw. ablenken zu lassen.

Sind Sie ein Early Bird oder ein Late Bird?
Auf jeden Fall Letzteres! Das liegt daran, dass ich erst sehr spät ins Bett gehe und dann meistens nicht vor zwei Uhr morgens einschlafen kann. Heute Nacht war es sogar noch später.

Wie kommt das?
Ich war und bin wie gesagt ein sehr nachdenklicher Mensch, sinniere viel über mich und das Leben und deshalb habe ich oft tausend Gedanken gleichzeitig in meinem Kopf; gerne auch mal spät abends vor dem Einschlafen. Und wenn es erst einmal anfängt in mir zu rattern, dann komme ich so schnell nicht zur Ruhe. Inzwischen habe ich aber eine gute Hilfe gefunden, um mein Gedankenchaos besser sortieren zu können.

Wie sieht die konkret aus?
Ich gehe regelmäßig zu einer Psychotherapeutin. Anfangs war es zwar nicht so leicht, jemanden zu finden, dem ich vertrauen konnte. Jetzt habe ich aber regelmäßig Sitzungen; und es tut mir wirklich sehr gut, diverse Themen aus meiner Vergangenheit, die in mir rumoren, mit ihrer Hilfe zu sortieren. Danach fühle ich mich immer sehr erleichtert und innerlich aufgeräumt. Ich kann das deshalb jedem uneingeschränkt empfehlen.

Viele schrecken weiterhin davor zurück, diesen Schritt zu gehen.
Ich glaube, das ist eine Altersfrage. Meine Erfahrung ist, dass ein Besuch beim Psychologen vor allem bei der jüngeren Generation heute viel normaler und selbstverständlicher geworden ist. Da gibt es fast gar keine Berührungsängste mehr. Und warum sollte man die auch haben? Wenn wir Probleme mit unserer körperlichen Gesundheit haben, lassen wir uns ja auch helfen. Warum soll es dann ein Tabu sein, auch beim Thema Seelengesundheit Unterstützung zu suchen?



Wann war der bislang größte Wendepunkt in Ihrem Leben?
Vor knapp sechs Jahren als ich nach dem Ende meiner Ehe und zwölf Jahren Partnerschaft plötzlich alleine da stand und zunächst nicht wirklich wusste, wohin mit mir. Es hat eine Menge mit mir gemacht, nach so einer langen Zeit zu zweit, mich zum ersten Mal wieder selbst ganz neu kennenzulernen. Ich habe diese Zeit des Neubeginns aber gut für mich nutzen können.

Wie ging das konkret?
Zum Beispiel habe ich mir einen seit langem gehegten Wunsch erfüllt und bin für längere Zeit nach Neuseeland gereist. Und diese Flucht ans andere Ende der Welt, war sehr gut und wichtig, um von allem Abstand gewinnen zu können. Nach zwölf Jahren wieder mal Entscheidungen ganz alleine und nur für mich zu fällen, war ebenfalls eine interessante Erfahrung.

Im kommenden Jahr feiern Sie Ihren 40. Geburtstag. Spüren Sie eine leichte Midlife-Crisis?
Ich habe die große 40 bereits im Kopf – und ja: 40 ist eine Zahl, die sich für mich heftig anhört, auch wenn mein gefühltes Alter eher Anfang 30 ist. Fakt ist aber auch, dass man mit 40 einfach anders wahrgenommen wird. In meinem Film spielt eine 20-jährige Kollegin meine Filmtochter und die war für einen Moment ganz erschrocken als sie erfuhr, dass ich im kommenden Jahr runde. Für junge Menschen ist 40 Jahre eben uralt. Aber hey: Am Ende ist das Alter eben doch nur eine Zahl! Und irgendwann erwischt es jeden!

Also ist da gar keine Angst vor dem Älterwerden?
Bislang noch nicht. Viel mehr bin ich dankbar, wenn ich überhaupt älter werden kann. In meinem Bekanntenkreis gab es erst kürzlich einen Todesfall in recht jungen Jahren. Das macht demütig! Mein Vater ist jetzt 78 Jahre alt. Der ist so ein jung gebliebener, aktiver und agiler Typ - und der hat sich kürzlich total erschrocken, als er sich selbst als so alten Mann im Spiegel gesehen hat. Er hat sich in dem Moment nicht erkannt, weil er sich selbst als so viel jünger empfindet.

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