Ich war 2018 so glücklich, als Prinz Harry Meghan Markle heiratete. Eine Frau, die für ihr Geld gearbeitet hat, die selbstbewusst und selbstbestimmt durchs Leben ging und durch die ich mich repräsentiert sah. Ich fand und finde es grauenvoll, wie vor allem die britische Boulevardpresse auf die Herzogin von Sussex eindrischt. Vieles ist eine unerträgliche Heuchelei. Bestes Beispiel das Vorspiel zum Thronjubiläum der Queen. Da wetterten die großen Tageszeitungen, wie unverschämt es sei, dass Meghan und Harry nicht nach England reisen würden. Sie würden dem Oberhaupt der Windsor einen Korb geben, ihr keinen Respekt zollen und die Gräben zur Royal Family vertiefen. Als dann verkündet wurde, dass die Sussexes anreisen, aber bis auf den Gottesdienst keine großen Termine wahrnehmen würden, drehte sich der Wind um 180 Grad. Da schrieben dieselben Blätter, dass Harry und Meghan nur kämen, um sich in den Mittelpunkt zu drängen, der Queen die Schau zu stehlen und Harrys Auseinandersetzung mit der Polizei sei wohl doch nicht so schlimm.
Diese Doppelmoral in den britischen Massenmedien erklärt die Sussex'sche Antipathie der Presse gegenüber sehr gut.
Überraschung: Herzogin Meghan zeigte Nerven bei ihrer Rede
Umso gespannter war ich auf die erste Rede der Herzogin seit zweieinhalb Jahren in England. In dieser Zeit haben sie und Harry das Königshaus verlassen, sich in Kalifornien niedergelassen, ein zweites Kind bekommen und zwei große Interviews gegeben, die Anschuldigungen und Sticheleien gegenüber den Windsors beinhalteten. Wie würde sich das Paar verhalten?
Wie gewohnt fiel es dem Prinzen schwerer, seine Nervosität zu verbergen. Meghan hingegen wirkte souverän wie immer. Zunächst. Doch als sie ans Rednerpult trat – Überraschung – zeigte auch sie Nerven. Mit einem sehr breiten Lächeln begrüßte sie den vollen Saal. Ein klein wenig maskenhaft kam es herüber. Die 41-Jährige ist eine erfahrene Rednerin. Normalerweise spricht sie mit kräftiger Stimme, teilweise sogar frei. In Manchester hatte sie Zettel mit ihrer Rede dabei, schielte immer wieder darauf, legte überflüssige Sprechpausen ein.
Nun war es immer noch beeindruckend, wie die Prinzen-Gattin ablieferte vor einer vollgepackten Halle. Doch vergleicht man diesen mit früheren Auftritten, waren die Unterschiede sicht- und spürbar. Der Druck muss immens gewesen sein!
Zu viele Referenzen auf sich: Das hätte Meghan Markle besser machen können
Weniger wie sie es sagte, irritierte mich, als was sie sagte. In ihrer Ansprache erinnerte Meghan wiederholt an sich. Wie sie es erlebte, als sie seit 2014 mehrfach auf den Gipfel eingeladen war. Die Referenzen wirkten aufgrund ihrer Häufigkeit etwas egozentrisch und drängten ihre Botschaft, dass die jungen Leader jetzt in Aktion treten sollen, in den Hintergrund. Sie hätte besser daran getan, mehr auf die wichtigen Projekte, die Mission des Gipfels hinzuweisen, als auf ihre eigene Geschichte.
Leicht hätte der Vortrag dadurch in eine Show der Selbstbeweihräucherung abdriften können. Tat er aber nicht. Und das ist auch ein Verdienst der Herzogin. Denn nachdem sie die anfängliche Nervosität in den Griff bekam, wirkte sie so warm, offen und kämpferisch, wie ich sie einschätze. Sogar dem Land, in dem sie ein paar der dunkelsten Stunden ihres Lebens verbrachte, reichte sie die Hand. "Es ist schön, wieder im Vereinigten Königreich zu sein", erklärte sie. Böse Zungen warfen ihr (natürlich) vor, zu lügen. Vielleicht war es aber auch der ernst gemeinte Versuch, die Wogen zu glätten und die Hand zur Versöhnung zu reichen.