Missbrauchsprozess Prinz Andrew gerät immer mehr unter Druck – helfen könnte ihm nun ein alter Epstein-Deal

Am Dienstagnachmittag befasst sich ein US-Gericht mit den Missbrauchsvorwürfen gegen Prinz Andrew
Am Dienstagnachmittag befasst sich ein US-Gericht mit den Missbrauchsvorwürfen gegen Prinz Andrew
© Steve Parsons / AP
Im Missbrauchsprozess gegen Ghislaine Maxwell war von Prinz Andrew selten die Rede. Jedoch von einem Opfer, das schwere Vorwürfe gegen beide erhob und dem Prinzen gefährlich werden könnte. Der hofft auf eine alte Abmachung und eine Abweisung der Klage.

Vergangene Woche wurde die langjährige Vertraute des verstorbenen US-Sexualstraftäters Jeffrey Epstein, Ghislaine Maxwell, von den Geschworenen eines New Yorker Gerichts schuldig gesprochen, Minderjährige für Sex mit dem Multimillionär rekrutiert zu haben. Die Verkündung des Strafmaßes steht noch aus. Am Dienstag befasst sich ein New Yorker Gericht nun mit der Rolle des britischen Prinzen Andrew in dem Skandal. Der 61-jährige Sohn von Königin Elizabeth II. fordert eine Abweisung der Klage eines mutmaßlichen Opfers von Epstein und Maxwell.

Welche juristischen Vorwürfe werden gegen Prinz Andrew erhoben?

Die aus den USA stammende Virginia Giuffre wirft Prinz Andrew in einer Zivilklage vor, sie vor gut 20 Jahren sexuell missbraucht zu haben, als sie erst 17 Jahre alt war. Demnach wurde sie von Epstein an dessen einflussreiche Freunde weitergereicht und drei Mal gezwungen, mit Andrew Sex zu haben. 

Der Prinz hat die Vorwürfe wiederholt entschieden zurückgewiesen. Er erklärte, keine Erinnerung an ein Treffen mit Giuffre zu haben. Jedenfalls schloss er "absolut und kategorisch" aus, mit ihr Sex gehabt zu haben. Der britische Königspalast stellte sich hinter ihn. Ein strafrechtliches Verfahren wurde nicht gegen Andrew eingeleitet.

Die Angelegenheit blieb aber nicht folgenlos für den Prinzen. Nachdem Ende 2019 sein ungeschickter Versuch, sich in einem Fernsehinterview von den Vorwürfen rein zu waschen, scheiterte, zog er sich von seinen royalen Pflichten zurück.

Gegen Andrews Unschuldsbeteuerung spricht ein Foto, das ihn mit Maxwell in ihrem Londoner Haus zeigt, wobei er seinen Arm um Giuffres entblößte Taille legt. Andrew legte eine Fälschung nahe. Giuffre schrieb nach Maxwells Verurteilung im Onlinedienst Twitter, diese habe "nicht allein gehandelt. Andere müssen zur Verantwortung gezogen werden. Ich vertraue darauf, dass dies geschehen wird."

Welche Strategie verfolgen Andrews Anwälte?

Die Verteidiger wollen bei der Anhörung am Dienstag eine Abweisung von Giuffres Klage erreichen. Dabei setzen sie auf eine vertrauliche Klageverzichtsvereinbarung, die Giuffre 2009 mit Epstein getroffen hatte. Darin sicherte sie im Gegenzug für 500.000 Dollar (439.000 Euro) zu, keine Missbrauchsvorwürfe gegen Epstein und "irgendwelche anderen Personen oder juristische Personen, die als potenzielle Beschuldigte hätten miteinbezogen werden können", vor Gericht zu erheben.

Das Zivilgericht muss nun klären, ob Giuffre durch diese Einigung mögliche Ansprüche gegen Andrew verwirkt hat. Dessen Anwälte argumentieren, dass das Abkommen von 2009 mit Epstein eine Anklage verhindere. Giuffres Anwälte halten dagegen, dass die Einigung mit Epstein keine Relevanz für einen möglichen Zivilprozess gegen Andrew habe. Einen Strafprozess gegen Andrew gibt es in den USA nicht.

Welche Verbindungen unterhielt Prinz Andrew zu Epstein und Maxwell?

Der BBC sagte Andrew, er habe die Tochter des Medienmoguls Robert Maxwell kennengelernt, als diese noch studiert habe, und sie das letzte Mal im Sommer 2019 gesehen. Nachdem Maxwell dem Prinzen Epstein 1999 vorgestellt hatte, hielt Andrew zu dem US-Multimillionär weiter Kontakt. Andrew besuchte Epstein in dessen Luxusbleibe in New York und seinen Anwesen in Palm Beach und auf einer Karibikinsel. Dabei nutzte der Prinz Epsteins Privatjet.

Auf Andrews Einladung waren Epstein und Maxwell im Jahr 2000 zu Gast in Schloss Windsor und nahmen an der Fasanenjagd auf dem königlichen Landsitz Sandringham teil. Auch auf Balmoral, dem schottischen Landsitz des britischen Königshauses, wurde das Duo abgelichtet.

Andrew hat eingeräumt, dass er 2010 bei Epstein in New York war, kurz nachdem dieser eine etwa einjährige Haftstrafe wegen der Prostitution minderjähriger Mädchen abgesessen hatte. Prinz Andrew sagte der BBC, er bedauere den Besuch mittlerweile, aber Epsteins Anwesen sei einfach "ein günstiger Ort zum Bleiben" gewesen.

Wie wirkt sich der Schuldspruch gegen Maxwell auf Andrew aus?

Rechtlich gesehen hat Maxwells Verurteilung keine Auswirkungen auf das Verfahren von Prinz Andrew. In der öffentlichen Wahrnehmung ändere dies jedoch "alles", sagte Royals-Korrespondent Johnny Dymond unlängst der BBC. Es gebe nun eine Verbindung zwischen dem Prinzen und einer verurteilten Sexualstraftäterin, und eines von deren Opfern erhebe auch Vorwürfe gegen Andrew.

Das Foto von Maxwell, Giuffre und Andrew könne nun "beschrieben werden als die Sex-Händlerin, die Sex-Sklavin und der Herzog", sagte Dymond. "Das Urteil ist eine schlechte Nachricht für Prinz Andrew", schrieb auch die "Times". Seine Chancen, Giuffres Klage abzuwehren, schienen nun "noch dünner als vorher". 

AFP · DPA
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