Als der Sänger am Morgen (Ortszeit) mit Hinweis auf schwere Rückenschmerzen nicht vor Gericht auftauchte, drohte der Richter mit einem Haftbefehl, falls Jackson nicht innerhalb einer Stunde erscheine. Daraufhin fand sich der Angeklagte, der gegen eine Kaution von mehreren Millionen Dollar auf freiem Fuß ist, doch noch im Gerichtssaal im kalifornischen Santa Maria ein.
Mit langsamen Schritten legte er den Weg von seinem Fahrzeug in das Gerichtsgebäude zurück. Dabei wurde er von seinen Eltern begleitet. Jackson-Sprecherin Ramone Bain zufolge hatte der Popstar am frühen Morgen beim Anziehen akute Rückenprobleme erlitten. Er habe sich daraufhin in die Notaufnahme eines Krankenhauses begeben müssen. Sein Anwalt hatte das überraschende Fehlen zu Beginn des Verhandlungstages entschuldigt.
Am Donnerstag sollte Jackson im Gericht erneut auf seinen jugendlichen Beschuldiger treffen. Der Popstar und sein angebliches Missbrauchopfer waren sich am Mittwoch zum ersten Mal vor Gericht begegnet. Kurz vor Ende des Verhandlungstages war der 15-Jährige Junge in den Zeugenstand getreten. Schon bei seinem ersten Besuch auf Jacksons Neverland-Ranch im Jahr 2000 habe Jackson ihm pornografisches Material gezeigt, gab der Teenager zu Protokoll. Auf dem Anwesen soll der Sänger ihn im Frühjahr 2003 sexuell missbraucht und Alkohol gegeben haben, so die frühere Aussage des Jungen.
In der einstündigen Vernehmung am Mittwoch durch die Staatsanwaltschaft kamen die Belästigungen zunächst nicht zur Sprache. Am Donnerstag wollte Staatsanwalt Tom Sneddon die Befragung seines Hauptzeugen fortsetzen. Prozessbeobachter beschrieben den einst krebskranken, jetzt aber geheilten Jungen bei seinem ersten Auftritt vor Gericht als glaubwürdig und sympathisch. Seine anfängliche Nervosität habe sich schnell gelegt, hieß es in US- Medienberichten.
Schon bei seinem ersten Neverland-Besuch habe der Sänger ihn darum gebeten, seine Eltern um Erlaubnis zu bitten, dass er in Jacksons Schlafzimmer übernachten dürfe, gab der 15-Jährige vor der Jury zu Protokoll. Erst drei Jahre später war es nach einer früheren Aussage des Jungen zu der Belästigung gekommen.
In dieser Woche hatte bereits der jüngere Bruder des angeblichen Opfers die Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs durch seine Zeugenaussage untermauert. Jacksons Verteidiger war es im Kreuzverhör aber gelungen, Unstimmigkeiten in der Aussage des Bruders aufzudecken. Am Mittwoch geriet der 14-Jährige ins Schwanken bei dem wichtigen Punkt, wie oft er die angeblichen Belästigungen mit eigenen Augen gesehen hatte. Statt zwei Vorfällen seien es drei gewesen, verbesserte sich der Junge. Aus Nervosität habe er bei früheren Vernehmungen die Fakten verwechselt.
Nach dem Auftritt der älteren Schwester, des jüngeren Bruders und des Beschuldigers selbst in den ersten zwei Prozesswochen rechnen Beobachter nun mit einem deutlich schnelleren Verfahren. Zunächst waren Justizexperten davon ausgegangen, dass der Prozess sich bis zu sechs Monate hinziehen könnte. Ein Kommentator des Senders Fox News rechnet damit, dass die Anklage bereits in zwei Wochen ihren letzten Zeugen präsentieren könnte.