Vor wenigen Wochen starb in Italien Eluano Englaro, deren Leiden und Sterben für ähnlichen Aufruhr sorgte wie der Tod Ihrer Tochter. Nur kämpfte hier ein Vater dafür, dass seine Tochter sterben darf. Was ging in Ihnen vor, als Sie davon hörten?
Wir waren sehr traurig! Ich hatte dem Vater noch einen Brief geschrieben, in dem ich ihn warnte, wie qualvoll seine Tochter ohne Wasser und Nahrung sterben würde. Ich bat ihn, seine Entscheidung zu überdenken - leider ohne Erfolg. Ihr Tod war ein weiteres Zeichen für das weltweite Aufleben der Euthanasie-Bewegung.
Ihre Familie kämpft mit der "Terri Schindler Schiavo Foundation" dagegen an.
Richtig! Mit unseren Kindern Bobby und Suzanne helfen wir betroffenen Familien. Es gibt Tausende von hirngeschädigten Menschen, die aufgrund neuer Gesetze potenziell bedroht sind, getötet zu werden.
Woran denken Sie, wenn Sie an Terri denken?
An ein lebensfrohes, lustiges Mädchen, das an Gott glaubte und Tiere liebte. Später dann an ein hilfsbedürftiges Mädchen, das wir pflegen wollten - aber nicht durften.
Ihre Ärzte entschieden damals, dass Terri sich in einem Stadium befand, in dem sie nichts wirklich mehr wahrnahm - und dass es keine Hoffnung auf Besserung gebe.
Andere Ärzte widersprachen und sahen mit der richtigen Therapie sogar Chancen auf Besserung. Es gab sogar einen Millionär, der glaubte, dass Terri durch Stammzellenforschung geholfen werden könnte - und eine Million Dollar spenden wollte. Doch ihr Mann Michael lehnte ab und entschied, jegliche Therapie abzusetzen.
Zur Person
Terri Schiavo brach am 25. Februar 1990 zusammen und fiel ins Koma. Ihr Mann Michael kümmerte sich intensiv um sie - doch als keine Besserung abzusehen war, wollte er sie sterben lassen. Der Streit darüber - geführt vor allem mit Terris Eltern - beschäftigte in den kommenden Jahren Gerichte, Politik und Öffentlichkeit; Präsident Bush unterzeichnete sogar ein Sondergesetz, das es den Eltern erlaubte, bis zum Bundesgericht zu gehen. Am 31. März 2005 starb Terri Shiavo im Alter von 41 Jahren, nachdem man die lebenserhaltenden Maßnahmen eingestellt hatte. Die Schindlers betreiben seitdem eine Hilfsorganisation für Familien von Hirngeschädigten und Behinderten in St. Petersburg, Florida.
Warum tat er dies Ihrer Ansicht nach?
1992 bekam Terri rund 800.000 Dollar zugesprochen. Das Geld war für ihre Pflege und Rehabilitation gedacht, doch Michael verwendete es für Anwälte, um Terri töten und beerben zu können. Von 1994 an lebte er mit einer neuen Frau, mit der er zwei Kinder hat, und die er nach Terris Tod heiratete.
Der Kongress, Präsident Bush und selbst der Papst schalteten sich in den Fall ein. Zu Recht?
Wir wollten Terris Fall einem Bundesrichter vortragen, durften dies aber bis dahin nicht. Und die katholische Kirche erinnerte uns schlicht daran, dass wir moralisch verpflichtet sind, uns um Behinderte wie Terri zu kümmern.
Barack Obama nannte die Entscheidung des Senats, sich einzumischen, bedauerlich. Er bezeichnete es später als einen seiner größten Fehler, nichts gegen das Gesetz unternommen zu haben.
Ich finde es verstörend und sehr traurig, dass der heutige Präsident dies bedauert. Wie kann jemand es bedauern, einem Menschen zu seinem Recht zu verhelfen?
Sie haben vor zwei Jahren einen Schlaganfall erlitten: Hat das Ihre Einstellung geändert?
Nun, physisch bin ich nicht mehr so kräftig wie vorher, aber ich komme ganz gut zurecht. Was meine Überzeugungen angeht, hat mich diese lebensbedrohliche Erfahrung nur noch mehr darin bestärkt, dass das Leben vor radikaler Gesetzgebung geschützt werden muss.
Können Sie sich Situationen vorstellen, in denen lebensverlängernde Maßnahmen keinen Sinn ergeben?
Sicher, und es hat auch jeder zurechnungsfähige erwachsene Mensch das Recht, medizinische Hilfe abzulehnen. In Fällen wie Terri aber sind wir moralisch verpflichtet, die notwendige Pflege zu geben.
Was ist das Erbe Ihrer Tochter?
Keiner kann heute ruhigen Gewissens behaupten, er wisse nicht, dass unsere Gesellschaft Menschen mit schweren Behinderungen verdursten lässt. So hat Terri noch immer Einfluss auf uns alle. Lange nach ihrem Tod.