Koma-Patientin Schiavo Überlebenschancen gleich Null

Nach einer Serie gerichtlicher Niederlagen für die Eltern sind die Lebenschancen für die amerikanische Komapatientin Terri Schiavo fast auf Null gesunken. Die Auseinandersetzungen um ihr Schicksal werden immer emotionaler - und schärfer.

Trotz der eindeutigen Urteile setzten Mutter und Vater aber ihren verzweifelten Kampf für eine Wiederaufnahme der künstlichen Ernährung fort. Am Freitag, dem achten Tag ohne Essen und Trinken für ihre Tochter, setzten sie zunächst ihre Hoffnung auf das Bundesbezirksgericht in Tampa (Florida), bei dem am Donnerstag die Prüfung angeblicher neuer medizinischer Erkenntnisse und die Übergabe der 41-Jährigen in die Obhut des Staates Florida beantragt worden war. Doch auch dieses Gericht wies einen neuen Eilantrag auf Wiederaufnahme der künstlichen Ernährung ab, die am 18. März eingestellt worden war. Offen blieb zunächst, ob die Eltern, Bob und Mary Schindler, nun noch ein Bundesberufungsgericht anrufen werden. Rechtsexperten nannten das so aussichtslos, dass dies nun auch den verzweifelten Schindlers einleuchten müsse.

Demonstranten begannen Mahnwache

Damit haben die Eltern praktisch alle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft. Nach Schätzungen von Ärzten könnte Terri Schiavo bereits im Laufe der nächsten Tage sterben. Vor dem Gouverneurssitz in Floridas Hauptstadt Tallahassee begannen Demonstranten mit einer Mahnwache. Sie wollen den Gouverneur, Präsidentenbruder Jeb Bush, dazu bringen, noch in letzter Minute nach neuen Wegen zur Lebenserhaltung der Kranken zu suchen. Er war am Donnerstag vor Gericht mit dem Versuch gescheitert, die 41-Jährige in staatliche Obhut zu nehmen und damit zumindest vorläufig eine Wiederaufnahme der Nahrungszufuhr zu ermöglichen.

Unterdessen wird die Auseinandersetzung um das Schicksal der Frau, die nach Schätzungen von Ärzten bereits im Laufe der nächsten Tage sterben könnte, immer emotionaler und schärfer. Vater Bob Schindler erklärte, die Richter in den USA seien auf einem "Feldzug mit dem Ziel, unsere Tochter zu töten". Einer der führenden Aktivisten der religiösen Rechten, Randall Terry, warnte, es werde Rache geben, sollte Terri Schiavo sterben. Er schilderte weiter, ihre Schwester habe nach einem jüngsten Besuch am Krankenbett gesagt, Terri Schiavo sehe mittlerweile aus, "als wäre sie gerade aus Auschwitz gekommen". Ihr Gesicht zeige klare Anzeichen von Hunger und Durst, und ihre Augen seien eingefallen.

"Zeit Terri gehen zu lassen"

Der Bruder von Ehemann Michael Schiavo, der darum kämpft, seine Frau sterben zu lassen, sagte demgegenüber, Terri sehe friedlich aus und es sei ganz offensichtlich, dass sie nicht leide. Jetzt, da sich Ostern nähere, sei es Zeit, "Terri in Frieden gehen zu lassen", hieß es in einer Erklärung von George Felos, dem Anwalt des Ehemanns.

In der Umgebung des Bundesgerichts in Tampa, wo sich Richter James Whittemore mit dem Fall beschäftigte, hatte es in der Nacht zum Freitag Alarm gegeben, nachdem ein verdächtiger Rucksack in der Nähe des Gebäudes entdeckt worden war. Anliegende Gebäude wurden evakuiert, während Spezialeinheiten den Rucksack zur Explosion brachten. Er stellte sich als harmlos heraus. In Tampa versuchte zudem ein Mann in einem Waffenladen eine Pistole zu stehlen und begründete dies damit, dass er Terri Schiavo retten wolle.

Experte hatte nur Videos gesehen

Gouverneur Jeb Bush, der Bruder von US-Präsident George W. Bush, hatte eine Überführung der Koma-Patientin in staatliche Obhut mit der Begründung beantragt, es gebe neue Erkenntnisse darüber, dass Terri Schiavos Zustand nicht so schlimm sei wie von der Gegenseite dargestellt. Er berief sich dabei auf einen Neurologen, der die Kranke aber nicht direkt untersucht, sondern im Wesentlichen Videoaufzeichnungen ausgewertet hatte.

Nach dem Scheitern bei Greer hatte auch das höchste Gericht Floridas den Antrag abgewiesen. Nach dem Scheitern vor dem Bundesbezirksgericht bleibt noch der Weg zum Bundesberufungsgericht in Atlanta und möglicherweise ein Antrag an das höchste US-Gericht in Washington. Alle diese Instanzen hatten es aber bereits abgelehnt, eine Wiederaufnahme der Ernährung anzuordnen. Gouverneur Bush selbst dämpfte Hoffnungen der Eltern Schindler, er könne trotz der Gerichtsbeschlüsse die Tochter aus dem Hospiz in Clearwater holen und dann in staatlicher Fürsorge die Wiederernährung einleiten. Er werde nichts tun, was über seine Befugnisse als Gouverneur hinaus gehe, sagte Bush.

AP · DPA
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