Was macht eigentlich... Lolita?

Mit sehnsuchtsvollen Schlagern wie "Seemann, deine Heimat ist das Meer" verzückte die Österreicherin vor allem in den 60er Jahren Millionen.

Wann haben Sie den "Seemann" zuletzt gesungen?

Auf der Tournee mit Karl Moik und kürzlich bei einem TV-Auftritt in Bremerhaven. Das Lied singe ich immer, weil die Leute es wollen. Ich habe mich auf die Seemannskiste spezialisiert, weil sonst jeder nur noch jodelt. Und dieses Gedudel kann ich eigentlich nicht mehr hören.

Seemannskiste?

So nenn ich das halt, diesen maritimen Touch, eine Art Markenzeichen von mir.

Sie sind in Niederösterreich geboren, leben an der salzburgerisch-bayerischen Grenze. Das nächste Meer ist da ziemlich weit weg.

Das ist wahr. Ich habe das Meer zum ersten Mal gesehen, nachdem ich 1961 mit dem "Seemann" berühmt geworden bin. Da war ich an der Nordsee.

Ihr Vorname ist eigentlich Edith. Wie kam es zu Lolita?

Das war die Idee von meinem Wiener Produzenten, dem Herrn Mendelsohn. Ende der 50er Jahre gab es bei der Konkurenz eine Manolita. Da sagte er, dann heißen Sie eben Lolita. Ich wurde gar nicht erst gefragt.

Kennen Sie das Buch von Vladimir Nabokov über das Verhältnis eines alten Mannes mit der minderjährigen Lolita ?

Ich habe es nicht gelesen, aber ich weiß natürlich, worum es geht. Einmal schrieb mir ein Fan, dass er nichts mehr mit mir zu tun haben will, weil er jetzt gelesen hat, was ich für eine bin. Der Depp hat mich mit der Romanfigur verwechselt.

Zur Person

Als Edith Zuser im Januar 1931 in St. Pölten geboren, arbeitet sie zunächst als Kindergärtnerin und Sachbearbeiterin in einer Spinnerei. Entdeckt wird sie 1956, als sie während eines Unterhaltungsabends für den erkrankten Gerhard Wendland einspringt. 1957 veröffentlicht sie ihre erste Platte, 1960 erhält sie die Goldene Schallplatte für "Seemann...". Bis heute hat Lolita mehr als 20 Millionen Schallplatten verkauft. Sie ist zweimal geschieden, hat zwei Kinder.

Und - was waren Sie denn für eine?

Ich glaube, ich war Weltmeisterin im Flirten. Aber mehr war nicht, weil ich in meinen Mann schrecklich verliebt war. Anfangs war ich auch unglaublich naiv und bin mit den mickrigsten Gagen über den Tisch gezogen worden. Doch ich habe schnell gelernt und war dann bei Veranstaltern gefürchtet, weil ich mir nichts gefallen ließ. Das waren die von Frauen, und dann noch aus Österreich, nicht gewöhnt.

Warum?

Als es noch kein Fernsehen gab, galten die kleinen Nachbarn im Musikgeschäft eher als Operettenstaat. Der Freddy Quinn, der aus Wien stammt, machte ja auch erst als waschechter Hanseat Karriere. Eigentlich fühle auch ich mich mehr deutsch als österreichisch.

Treten Sie deshalb hauptsächlich in Deutschland auf?

Ach wo. In Österreich sind die Steuern so hoch. In Deutschland werden sie mir gleich von der Gage abgezogen. Da weiß ich, was ich auf der Hand habe.

Mit welchen Stars Ihrer Generation stehen Sie denn noch auf der Bühne?

Mit keinem, denn viele sind ja schon tot.

Wie lange wollen Sie noch auftreten?

Ich mache keine Tourneen mehr. Die Reiserei ist eine zu große Belastung. Da bleib ich lieber daheim, spiele mit meinem Enkel und arbeite im Garten. Ich habe ein schönes Haus und mein Auskommen. Was will ich mehr?

Sie sind seit vielen Jahren geschieden. Haben Sie einen neuen Partner?

Was soll ich denn mit einem Mann? Ich habe ein so schönes Leben, warum sollte ich da noch auf jemanden Rücksicht nehmen. Verehrer gibt es schon. Da war etwa ein sehr gut situierter Herr aus Norddeutschland, Direktor einer Versicherung. Er nahm sich bei uns im Ort ein Hotelzimmer und lud mich zu Ausflügen ein. Er schenkte mir ein schönes Tourenrad und wollte mich heiraten.

Und?

Nix und. Das Radl habe ich behalten.

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Bernd Dörler

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