Vor dem historischen Hintergrund der Lady Chapel in Westminster Abbey wandte sich König Charles III. (77) am ersten Weihnachtsfeiertag mit einer nachdenklichen Botschaft an sein Volk. Seine vierte Weihnachtsansprache als Monarch stand ganz im Zeichen von Zusammenhalt und Versöhnung.
Der britische König hatte die Rede bereits am 11. Dezember aufgezeichnet. Mit hellblauer Krawatte und passendem Einstecktuch sprach er vor festlich geschmückten Weihnachtsbäumen, die zuvor beim Weihnachtskonzert von Prinzessin Kate (43) in der Kirche zum Einsatz gekommen waren. Es war das erste Mal überhaupt, dass die traditionelle Ansprache an diesem geschichtsträchtigen Ort entstand.
Aus der Vergangenheit lernen
Zu Beginn seiner Ansprache erinnerte der Monarch an seinen Staatsbesuch im Vatikan gemeinsam mit Königin Camilla (78). Das gemeinsame Gebet mit Papst Leo XIV. bezeichnete er als einen "historischen Moment spiritueller Einheit". Diese Begegnung sei für ihn wie eine "Pilgerreise" in der modernen Welt gewesen.
Das Bild der Pilgerschaft zog sich wie ein roter Faden durch die gesamte Rede. Charles verglich das Leben mit einer Reise: "Es geht darum, in die Zukunft zu reisen und gleichzeitig zurückzublicken, um aus der Vergangenheit zu lernen". Die Weihnachtsgeschichte selbst sei geprägt von Reisenden - Maria und Josef auf dem Weg nach Bethlehem, die Weisen aus dem Morgenland, die Hirten auf der Suche nach dem Jesuskind. Sie alle hätten auf die Güte und Gemeinschaft anderer vertraut.
Zivilcourage stärken
Der Monarch schlug den Bogen zu den Gedenkfeiern an das Ende des Zweiten Weltkriegs vor 80 Jahren. Die Werte jener Generation - Mut, Opferbereitschaft und der Zusammenhalt der Gemeinschaft - hätten das Land geformt, betonte Charles. In einer Zeit, in der man "sowohl im Inland als auch im Ausland von Spaltung" höre, dürfe man diese Werte niemals aus den Augen verlieren: "Mir scheint, dass wir die Werte des Mitgefühls und der Versöhnung bewahren müssen - so, wie unser Herr gelebt hat und gestorben ist."
Er habe in diesem Jahr aber auch viele "Geschichten über den Sieg des Mutes über Widrigkeiten" gehört. Das gebe ihm Hoffnung, so der König, und würdigte Menschen, die in diesem Jahr spontan Zivilcourage gezeigt hatten. Ohne konkrete Namen zu nennen, spielte die begleitende Bildauswahl auf den Anschlag am Bondi Beach in Australien an, wo Umstehende bei einem Angriff auf eine jüdische Veranstaltung eingriffen. Auch Aufnahmen von Charles' Besuch bei Gemeindemitgliedern einer Synagoge in Manchester, die einen Angreifer gestoppt hatten, waren zu sehen.
Appell für eine digitale Auszeit
Zudem sprach der König davon, dass die Welt sich immer schneller zu drehen scheine. Freunde und Familie könnten dabei der ruhende Pol sein - eine Anspielung auf T.S. Eliots Gedichtzeile vom "Stillpunkt der sich drehenden Welt". Ein Palastsprecher erläuterte später gegenüber der "DailyMail", der König habe dabei die Auswirkungen neuer Technologien auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt im Sinn gehabt. Die Weihnachtszeit könne ein guter Moment sein, um mit einer Art "digitalem Detox" zu experimentieren.
Den musikalischen Abschluss bildete das ukrainische Weihnachtslied "Carol of the Bells", vorgetragen vom Songs for Ukraine Chorus. Viele Mitglieder des Chors leben wegen des Krieges in ihrer Heimat mittlerweile in Großbritannien.
Persönliche Herausforderungen wie seine Krebserkrankung erwähnte Charles in dem 9-minütigen Video mit keinem Wort. Erst vor zwei Wochen hatte er in einer Videobotschaft die positive Nachricht verkündet, dass seine Behandlung im kommenden Jahr reduziert werden kann.