Windsors "Problemfamilie" auf dem Purpurthron

In seiner Biografie klagt Prinz Charles über seine "elende Kindheit", in der er keine Zuneigung erhalten habe. Seine Mutter ist nach wie vor auf Distanz bedacht, sein Vater ist ganz schlecht auf ihn zu sprechen.

Was sind das nur für Eltern? Da heiratet der älteste Sohn, und die Mutter sagt, zur Trauung wird sie nicht kommen, nur zum anschließenden kirchlichen Segen. Und der Vater sagt, er weiß noch nicht, ob er es überhaupt schaffen wird. Ja, er will sich bemühen, aber versprechen kann er nichts, denn er hat an dem Tag noch einen anderen Termin. Wenn die Briten das hören, wissen sie, dass es nur um eine Familie gehen kann - die Windsors.

Leben in der Zeitkapsel

Andere Königshäuser wie die holländischen Oranier ziehen es vor, sich privat den Anschein einer "ganz normalen Familie" zu geben, doch dafür werden sie in London als "Fahrrad-Monarchien" belächelt. Die Windsors leben in einer Zeitkapsel. Sie sitzen auf einem Purpurthron wie aus tschechischen Märchenfilmen, Diener drücken ihnen morgens die Zahnpasta auf die Bürste - und Eltern und Kinder haben ein altmodisch distanziertes Verhältnis zueinander.

Dass Königin Elizabeth II. (78) nicht zur Trauung kommt und Prinz Philip (83) am Tag der Hochzeit zu einem Besuch in Deutschland weilt - ausgerechnet Deutschland! - spricht Bände. Da können ihre Sprecher noch so oft versichern, dass Elizabeth und Philip die Hochzeit "unterstützen". Ihre Beteuerungen, so schrieb der "Independent", seien ungefähr so glaubwürdig, wie wenn König Heinrich VIII. nach der Enthauptung seiner zweiten Gemahlin gesagt hätte, er wolle dies "nicht als Brüskierung verstanden wissen".

Prinz Charles (56) und seine Eltern - ein weites Feld. In seiner offiziellen Biografie klagt der Thronfolger über seine "elende Kindheit". Er könne sich an keine einzige Geste der Zuneigung erinnern. Im Kindergartenalter wurde er nur zwei Mal am Tag zu einer kurzen Audienz bei seiner Mutter vorgelassen. Wenn er sich verabschiedete, machte er einen Diener.

Schwierige Eltern-Kind-Beziehung

Ein einziges Mal sei Elizabeth länger geblieben, um dabei zu sein, als er von einem Kindermädchen gebadet wurde: "Sie tauchte ihre Hände nicht in das Badewasser, aber zumindest schaute sie zu", erinnerte sich Charles. Seinem Vater wirft er vor, ihn auf ein Internat geschickt zu haben, auf dem er jahrelang schikaniert worden sei. Man muss nicht auf der in London ausgestellten Originalcouch von Sigmund Freud gelegen haben, um zu erkennen, dass all dies der Eltern-Kind-Beziehung wenig förderlich war.

Umgekehrt treibt Charles seine Mutter auch nach Informationen monarchistischer Blätter wie des "Daily Telegraph" regelmäßig "zur Verzweiflung". Sie hält ihn demnach für wehleidig und exzentrisch, "wenn nicht gar für etwas verrückt". Noch schlechter ist sein Vater auf ihn zu sprechen. Philip soll seinen Ältesten als "Spinner" und "Schwächling" beschimpft haben. Öffentlich hat er gesagt, dass sie "sehr unterschiedliche Charaktere" seien.

Auch ihre künftige Schwiegertochter haben Elizabeth und Philip nicht gerade ins Herz geschlossen. Es heißt, die Queen habe Camilla (57) einmal als "niederträchtige Frau" bezeichnet, die zudem "ziemlich verlebt" aussehe. Philip schrieb an Diana: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass dich irgendjemand, der noch alle Tassen im Schrank hat, für Camilla verlassen würde." Dennoch hat die Queen dem Heiratswunsch ihres Sohnes schließlich nachgegeben, wohl weil ihr der Gedanke unerträglich war, König Charles III. könne einmal mit einer Mätresse an seiner Seite das Land repräsentieren.

"Charles ganz auf sich allein gestellt"

Bei all dem ist die Königin auf Distanz bedacht. Zum einen will sie sich vermutlich von der bisherigen Pannenserie bei den Hochzeitsvorbereitungen absetzen. Zum anderen will sie verhindern, dass ihre letzten Jahre von der noch immer unbeliebten Camilla überschattet werden. Der Veteran der britischen Hofberichterstatter, Richard Kay, zitierte am Samstag einen ehemaligen Mitarbeiter der Queen mit den Worten: "Charles ist ganz auf sich allein gestellt."

DPA
Christoph Driessen/DPA

PRODUKTE & TIPPS