Gesetzentwurf zum Kinderschutz Schröder will sich um Problemfamilien kümmern

Die vielen Fälle stark vernachlässigter oder getöteter Kinder sorgen immer wieder für Entsetzen. Nun hat Familienministerin Kristina Schröder einen neuen Gesetzentwurf zum Kinderschutz vorgelegt. Kern der Maßnahme: 30 Millionen Euro jährlich für beratende Familienhebammen.

Ein neues Kinderschutzgesetz soll vernachlässigte Kinder in Problemfamilien besser schützen. Schwerpunkt des von Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) am Dienstag vorgestellten Gesetzentwurfes ist der Einsatz von beratenden Familienhebammen. Dafür will der Bund künftig 30 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung stellen. Das Gesetz soll zudem die Zusammenarbeit von Ärzten, Psychologen, Hebammen, Jugendämtern und Familiengerichten im Konfliktfall verbindlich regeln.

Schröder versicherte, in ihren Entwurf seien die Erfahrungen von Fachwelt und Praktikern eingeflossen. Dazu habe es zahlreiche vorbereitende Gespräche gegeben. Ein erster Gesetzentwurf, den noch ihre Amtsvorgängerin Ursula von der Leyen (CDU) zu Ende der Amtszeit der großen Koalition vorgelegt hatte, war bei einer Expertenanhörung im Bundestag durchgefallen.

Mit dem Gesetz werden Konsequenzen aus Fällen wie Kevin und Lea-Sophie oder anderen spektakulären Kindestötungen durch überforderte Eltern gezogen, die in den vergangenen Jahren die Öffentlichkeit erschütterten. Das sogenannte Jugendamts-Hopping betroffener Eltern wird künftig erschwert oder verhindert. Bei einem Wohnortwechsel werden die Behörden verpflichtet, die Informationen an das neu zuständige Jugendamt weiterzuleiten.

Pflichtbesuch der Jugendhilfe

Ein Hausbesuch der Jugendhilfe zur Einschätzung der Lebenssituation des Kindes wird Pflicht, sofern dadurch der Schutz des Kindes nicht in Frage gestellt wird und "seine Durchführung nach fachlicher Einschätzung erforderlich ist". Der verpflichtende Hausbesuch war bei den gescheiterten Gesetzesberatungen in der vergangenen Wahlperiode besonders umstritten.

Einheitlich geregelt wird künftig die Informationsweitergabe von Ärzten oder Psychologen an das Jugendamt, sobald sie Anzeichen von Misshandlungen, Unterernährung oder anderen Gefährdungen beim Kind entdecken. Diese Personen sind ansonsten an ihr Berufsgeheimnis gebunden. In den Bundesländern gibt es dazu unterschiedliche Regelungen.

Der Gesetzentwurf greift nach Aussage Schröders auch Erfahrungen aus den Runden Tischen sexueller Kindesmissbrauch und Heimerziehung auf. So wird künftig von allen hauptamtlichen Mitarbeitern in der Jugendhilfe ein erweitertes Führungszeugnis verlangt, in dem auch einschlägige Vorstrafen aufgeführt werden sollen.

Schröder hofft auf bessere Zusammenarbeit

Schröder sagte, mit dem Gesetz wolle sie alle wichtigen Akteure im Kinderschutz - Jugendämter, Schulen, Gesundheitsämter, Krankenhäuser, Ärzte, Schwangerschaftsberatung und Polizei - zu einem Netzwerk "Frühe Hilfen zusammenführen. Es gehe sowohl um Vorbeugung als auch Intervention im Konfliktfall.

Zwischen 25.000 und 30.000 Kinder werden nach Angaben des Statistischen Bundesamtes jährlich aus ihren Familien geholt, weil ihnen nach Ansicht der Behörden Gefahr droht. Schröders Gesetzentwurf soll jetzt mit den anderen Bundesministerien abgestimmt werden. Das Gesetz soll nach Aussage der Ministerin Anfang 2012 in Kraft treten.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Kritik erntete Schröder für ihr Vorhaben vom Koalitionspartner FDP. Die Ministerin wälze Verantwortung nur auf die Kommunen ab, kritisierte Fraktionsvize Miriam Gruß in der "Passauer Neuen Presse". Schon jetzt hätten viele Jugendämter gewaltige personelle Probleme und könnten nur Aktenberge von rechts nach links schieben. Gruß: "Auf die Jugendämter kommt mit diesem Gesetz mehr Arbeit zu."

DPA
be/DPA