Was hatten wir nicht schon alles. Den autofreien Sonntag. Den fernsehfreien Sonntag. Hat schon jemand den fleischfreien Sonntag vorgeschlagen? Nein? Dann mal los. Aktuell steht der politikfreien Sonntag zur Debatte. Das zumindest schlagen 24 Abgeordnete vor, darunter viel Prominenz: Verteidigungsministerin Ursula von Leyen und Ex-Familienministerin Kristina Schröder, beide CDU. Unterstützung kommt aber auch von anderen Parteien, von Arbeitsministerin Andrea Nahles, SPD, und Katja Kipping, Parteivorsitzende der Linken, zum Beispiel. Auch Männer sind dabei: Bundestagsvizepräsident Peter Hintze, CDU, sowie der stellvertretende CDU-Chef Thomas Strobl.
Allein: Wie soll das funktionieren? Auf den ersten Blick wirkt der Vorschlag, reichlich, sagen wir: naiv. Denn leider hält sich die Weltgeschichte nicht an in Deutschland vereinbarte Ruhezeiten. Nehmen wir an, an einem Sonntag kracht es in Syrien, auf der Krim oder sonstwo. Wie könnte der Text auf der Mailbox von Verteidigungsministerin von der Leyen lauten? "Sie haben die Mailbox von Ursula von der Leyen erreicht. Derzeit bin ich vollauf mit meiner Familie beschäftigt. Bitte hinterlassen Sie keine Nachricht. Die Öffnungszeiten meines Ministeriums sind ..."
Auch kein Politiker kann 24/7 arbeiten
Okay. Das ist natürlich nicht ganz fair Denn es geht den Unterzeichnern nicht um die Weltpolitik. Natürlich kann ein Politiker die Zeitgeschichte nicht nach seinen Freizeitbedürfnissen eintakten. Er wird ran müssen, wenn es beruflich brennt, wie so viele andere auch: Ärzte, Feuerwehrleute, Polizisten, Journalisten und, und, und. Es geht den Unterzeichnern vielmehr darum, dass die endlose Serie von Auftritten, Besprechungen, Parteiveranstaltungen und Wahlkreisterminen anders sortiert wird. Dass der männlich dominierte Politikbetrieb zumindest ein kleines bisschen Rücksicht auf Familien nimmt. Dass der Sonntag von Terminen, die sich auch an anderen Wochentagen erledigen lassen, frei gehalten wird.
Wer wollte da widersprechen? Niemand kann erwarten, dass Politiker 24 Stunden an sieben Tagen in der Woche arbeiten. Niemand kommt - angesichts der demografischen Kurve - an dem Argument vorbei, dass sich Arbeit und Familie besser vereinbaren lassen müssen. Der Aufruf der 24 zeigt, dass inzwischen eine andere Generation in die politischen Entscheidungszentralen eingezogen ist. Vorbei die Zeiten der Opfermänner, die nichts kennen außer Arbeit, auf ihre Familien pfeifen und auf der Bahre aus dem Büro getragen werden müssen. Nun sind sind es Männer und Frauen, die sich ihrer Verantwortung für den Nachwuchs bewusst sind. Gottseidank gibt es diesen Kulturwechsel.
Der politikfreie Sonntag. Schön, dass sich die Politik selbst diese Aufgabe stellt. Macht doch mal!