Zu bunt, zu laut, zu schrill – ständig bekomme ich von Bekannten oder Unbekannten ungefragt Kommentare zu meinen Klamotten. Bislang hat mich das nicht gestört. Doch jetzt gibt es zwei, deren Kritik ich nicht wegatmen kann: meine Töchter.
"Mama, du bist peinlich", sagt meine Älteste. Ich will ihren Kommentar ignorieren, doch ich bleibe an der Art hängen, wie sie mich ansieht. Hat sie mir einen Bitch-Blick zugeworfen? Diesen Gesichtsausdruck, den man meist missgünstigen und auf Krawall gebürsteten Frauen zuschreibt? Ihre Blicke wandern an mir herunter. Sie zieht die Augenbraue hoch, die Lipgloss-Schnute kräuselt sich. "Die Bluse nur vorne in die Hose stopfen? Das trägt doch kein Mensch mehr", sagt sie. Ihr eigenes Hemd trägt sie offen über weiten Baggy Pants.
Da stehen wir also, ich, 43, und mein Kind, 13, seit Kurzem Teil der Tiktok-Blase. Früher gefiel ihr, wie ich mich kleidete, doch jetzt richtet sie wie das jüngste Modegericht über mich. "Deine Mom-Jeans sind übrigens auch voll Mittelalter", legt sie nach.
Mittelalter? Wir sind mittendrin im Generationskonflikt.
