Mode-Label Klares aus dem Norden

Von Susanne Haase
Klein, skandinavisch, erfolgreich: Die schlichten, edlen Kleider des schwedischen Modelabels Filippa K kommen vor allem in Deutschland gut an.

Als Teenager wurde Filippa Knutsson heftig beneidet. Ihrem Vater Lars gehörte das Label "Gul & Bla", zu Deutsch Gelb & Blau, nach Schwedens Nationalfarben, und seine Jeans waren in den Siebzigern fast so begehrt wie die Platten von ABBA. Filippa saß also an der Quelle und stieg nach ihrem Modestudium in London auch direkt in die Firma ein. Doch irgendwann konnte sie die für die Marke typischen bunten Farben, schrillen Muster und verspielten Details nicht mehr sehen. Als sie Ehemann Patrick Kihlborg und einer Freundin, beide ebenfalls in Diensten von Gul & Bla, eines Abends von ihrem Überdruss berichtete, beschlossen die drei, eine eigene Marke aufzuziehen. So entstand das Label Filippa K vor 14 Jahren am Küchentisch als eine Art Gegenprogramm: Der Stil sollten sich durch hochwertiges Material sowie schlichtes Design mit einem raffinierten, zeitgemäßen Touch auszeichnen.

Filippa Knutsson, heute 42, folgte damit an ähnlichen Ideen wie Jil Sander und Helmut Lang, nur bot sie ihre Kleidung zu einem deutlich geringeren Preis an: Die Linie ist bürotauglich, ohne bieder zu wirken, und edel, ohne teuer zu sein. Sie traf damit auf Anhieb eine Marktlücke und wurde schon drei Jahre nach ihrem Debüt zum schwedischen Mode-Designer des Jahres gekürt.

Inzwischen ist Filippa Knutsson von ihrem Mann geschieden. Die drei gemeinsamen Kinder, eine Tochter, 13, und zwei Söhne, 9 und 5, leben mit ihr in Stockholm. Doch alle zwei Wochen reist sie für einige Tage nach Paris zu ihrem neuen Freund, einem französischen Architekten. Für sie wirkt sich das Hin- und Herpendeln positiv auf die Arbeit aus: In der französischen Hauptstadt ist sie dicht an den allerneusten Trends, die Verwurzelung in ihrer Heimat sorgt dafür, dass der nüchterne skandinavische Charakter erhalten bleibt. "Ich denke, das prägt meine Entwürfe, sie sind zwar sehr sachlich, weisen aber gleichzeitig eine entspannte, sehr aktuelle Note auf", sagt die Designerin.

Mehr ist von ihr nicht zu erfahren, die zierliche, resolute Blondine schottet ihre Privatsphäre rigoros ab: Ihre Mode soll für sich sprechen. Neben den Damen- und Herrenkollektionen gehören dazu ausgewählte Accessoires wie Schuhe, Taschen oder Gürtel und ab Ende des Jahres auch Unterwäsche. Das Unternehmen beschäftigt 300 Mitarbeiter und ist mittlerweile nicht nur die am schnellsten wachsende Modefirma Skandinaviens, sondern auch international auf Expansionskurs: Neben 25 eigenen Geschäften in europäischen Metropolen führen weltweit 75 Einzelhändler das Label, darunter Edelboutiquen wie Fred Segal in Los Angeles. Sie tragen zu einem Jahresumsatz von fast 35 Millionen Euro bei. In Deutschland gibt es seit einem Jahr Stores in München und in Berlin, vor kurzem eröffnete in Düsseldorf eine 400qm große Filiale. Für den Herbst sind drei weitere in Planung: ein zweiter in der Hauptstadt, die anderen in Hamburg und Stuttgart.

In den Läden dominieren gerade Linien, reduzierte Farben oder Fußböden aus Beton. Sie erinnern eher an eine Kunstgalerie und bilden einen stimmigen Rahmen für die Mode. Wobei dieses moderne, reduzierte Konzept für einige Kunden durchaus eine Hemmschwelle bedeutet - sie befürchten, dass die minimalistischen Stücke ausgerechnet an ihnen langweilig wirken könnten. "Manchen fällt es schwer, sich vorzustellen, wie die Sachen funktionieren", sagt Felix Alber, 32, der Inhaber der beiden Münchner Filialen, "denn das muss jeder für sich erst einmal ausprobieren." Wer den Dreh dann raus hat, profitiert dafür doppelt: So ist ein Hemdblusen-Kleid von Filippa K sowohl fürs Büro als auch für Bar oder Club geeignet. Vorausgesetzt, bequeme Ballerinas werden nach Feierabend durch High-Heels ersetzt und ein paar zusätzliche Knöpfe geöffnet. Für viele sind außerdem die Basics wie Blusen, Anzüge, T-Shirts oder Pullis, die sich gut kombinieren lassen und die laut Felix Alber "selbst nach fünf Jahren noch nicht altmodisch aussehen", ein Grund, wieder zu kommen.

Filippa Knutsson selbst meint bescheiden, sie sei einfach nur zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen. Dabei ist ihr klar, dass ihr Erfolg einen Boom skandinavischer Mode auslöste und für viele ähnliche Marken wie Acne oder Cheap Monday erst die Tür geöffnet hat: "Jahrelang wurde der Markt von großen Ketten wie H&M beherrscht. Wir haben gezeigt, dass es noch Raum für unabhängige Labels gibt." Für sie steht das Unternehmen aber nicht nur für eine smarte Alternative zu teuren Luxuslabels, sondern auch "für eine neue Art zu Denken." So pocht Knutsson bei ihren Zulieferern auf die Einhaltung von strengen Richtlinien für Umwelt- und Arbeitschutz und lässt mehr als zwei Drittel der Ware in Europa fertigen. Sie glaubt, "dass in vielen Ländern Menschen im Sinne von Filippa K ticken. Die Zukunft wird das zeigen."

Ihre Familie ist jedenfalls bereits auf Linie. Vater Lars verkauft zwar nach wie vor Jeans für Teenies, sitzt aber bei jeder Modenschau seiner Tochter in der ersten Reihe. Und seine Enkelin ist gerade endlich groß genug, um die ersten Stücke aus der Kollektion ihrer Mutter tragen. "Sie liebt die Sachen", sagt Filippa Knutsson, "vor allem die Jeans." Die sehnsüchtigen Blicke der Klassenkameraden sind also auch vorprogrammiert.

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