Jetzt fühlen wir uns irgendwie ein bisschen alt: Wir haben gar nicht gemerkt, dass "American Horror Story" inzwischen schon in der 9. Staffel läuft – was daran liegen könnte, dass die Macher mit jeder Season eine neue Welt (oder besser: eine neue Hölle) erschaffen.
Jedenfalls wird in dieser Woche nun die 100. Folge der Anthologie auf dem Sender FX laufen, als Teil der aktuellen Staffel "1984". Ein guter Zeitpunkt also, einmal innezuhalten und zurückzublicken. Ryan Murphy, zusammen mit Brad Falchuk einer der Co-Schöpfer der Serie, tut dies für "Entertainment Weekly" und listet in den Zusammenhang seine Lieblingsfolgen samt ausführlicher Begründung.
"American Horror Story" – die Highlights
Wir fassen seine Auswahl für euch zusammen – und freuen uns nach dieser kleinen Zeitreise schon auf die nächsten 100 Episoden:
1) Murder House: "Pilot"
Klingt irgendwie traurig: Nach der allerersten Folge wurde es nicht mehr besser für Murphy? Nun, so kann man das nicht sagen, und trotzdem leuchten seine Gründe, den Piloten als Favoriten auszuwählen, absolut ein, auch wenn sie wenig mit dem Inhalt der Episode zu tun haben: Man habe ewig für Pitch und Skript gebraucht, von der ersten Idee bis zum Drehbeginn seien vier Jahre vergangen. Das kreative und finanzielle Risiko sei riesig gewesen. Aber Walchuk und Murphy konnten die Macher beim Sender FX und bei der Produktionsfirma 20th Century Fox schließlich von ihrer völlig neuen Idee überzeugen: "Warte mal", habe FX-CEO John Landgraf irgendwann zu Murphy gesagt: "Du willst jedes Jahr die Sets abbrennen und mit jeder Saison einen Neustart hinlegen?" Murphy habe bejaht, und Landgraf sagte: "Das macht mir Angst ... aber es reizt mich auch. Let's do it!"
Ganz abgesehen von der Vorgeschichte: Die Pilotfolge ist auch wirklich gut! Und sie legte den Grundstein für einen der großen Serienhits der vergangenen zehn Jahre.
2) Asylum, Folge 8: "The Name Game"
Diese Folge wird von Hardcore-Fans oft als Favorit gepickt, zudem ist die "Asylum"-Staffel für die Frontfrauen Sarah Paulson und Jessica Lange der Höhepunkt der Serie. Obwohl sich Lange am Anfang schwer tat. Als drei Episoden der Season abgefilmt waren, habe sie zu Murphy gesagt: "Oh Ryaaaaaan, ich kann hier nicht länger miesepetrig herumlaufen, es ist alles so dunkel und schwer und brutal – kann ich vielleicht eine Musical-Nummer bekommen?" Sie habe das als Scherz gemeint, aber tatsächlich habe die Idee perfekt in die Planungen der Macher gepasst. Für Lange bedeute das eine Wiedergeburt: "Ich habe eine Schauspielerin am Set nie glücklicher gesehen", erinnert sich Murphy. Man habe die Szene ungefähr 45 Mal gedreht und Murphy sowie die anderen Darsteller Sarah Paulson und Evan Peters seien völlig erschöpft gewesen, aber sie hätten weitergemacht, weil Lange so begeistert bei der Sache war. So habe man am Ende 14 Stunden durchgelacht.
3) Hotel, Folge 1: "Checking In"
Er liebe diese Episode aus vielen Gründen, aber vor allem wegen Lady Gaga. Er sei stolz auf den Weg, den sie gegangen sei, sagt Murphy: "Sie ist eine geborene Schauspielerin." Die Vampir-Sequenz gefalle ihm am besten, ebenso wie der dazugehörige Song "She Wants Revenge" – der übrigens Gagas Idee war, wie Murphy verrät. Gaga sei auch deshalb so großartig, weil sie sich um ALLES kümmere: die Looks, die Hintergrundgeschichte ihres Charakters. Bevor die erste Folge der Staffel gedreht wurde, habe sie eine Kennenlernparty für Cast und Crew in ihrem Haus in Malibu geschissen. Murphy erinnere sich, wie er neben Kathy Bates stand und sie sich angeguckt hätten: "Passiert das wirklich? Hat sie den Pool wirklich blutrot gefärbt?" Gaga enttäuscht nie, sagt Murphy, mehr noch: "Sie ist nicht fähig zu enttäuschen."
4) Apocalypse, Folge 6: "Return To Murder House"
Er liebe, liebe, liebe diese Folge, sagt Murphy, weil er Sarah Paulson liebe, liebe, liebe. Er sei mit ihr aufgewachsen und habe schon 2003 bei "Nip/Tuck" mit ihr zusammengearbeitet. Er habe Paulson lange gedrängt, Regie zu führen, und hier habe sie endlich zugestimmt. Das sei nicht so einfach gewesen, schließlich war Paulson in der Staffel auch als Darstellerin im Einsatz – aber: "Sie ist einfach eine Maschine, was Vorbereitung und Professionalität betrifft." Ihre Arbeit mit den anderen Schauspielern sei "wunderschön" gewesen, sagt Murphy. Überhaupt liebe er es, Paulson herauszufordern, "weil ich ehrlich glaube, dass sie alles machen kann." Und diese Folge habe ihn bestätigt. Beim Screening habe er als erstes gedacht: "Sie kann wirklich alles."
5) Freak Show, Folge 1: "Monsters Among Us"
Murphy liebt diese Episode, weil Lange, Peters und Paulson wie eine Gruppe losgelassener Verrückter gewesen seien, die zerlumpt durch New Orleans laufen. Es sei unfassbar heiß gewesen und Murphy habe die Produktion gehasst: "Ich war mit Käferbissen übersät, aber es lief alles ab wie ein Traum: die Sets, die Klamotten, die Schauspieler im Ensemble." Vier Momente stechen für Murphy heraus: 1) Jessica Lange singt Bowie im blauen Anzug. 2) Die Arbeit mit John Carrol Lynch als Twisty. Er habe mit ihm zusammenarbeiten wollen, seit er ihn in "Zodiac" gesehen hatte. 3) Na klar: Sarah Paulson mit den Zwillingsköpfen. 4) Finn Wittrock: "So ein Profi, und offen für alles, dass du ihm vorschlägst. Dandy ist einer meiner Lieblingscharaktere, die wir je gemacht haben."
6) Cult, Folge 11: "Great Again"
"Cult" war Murphys Lieblingsstaffel, und er glaubt, dass dies auch für Falchuk gelte: "Wir hatten so viel Leidenschaft für die Story über den erschreckenden Aufstieg von Trump und über Menschen, die dem Personenkult anheimfallen." Er werde nie den Drehtag vergessen, an dem Paulson (als Ally) die Wiederholung von Trumps Sieg im Fernsehen sieht und vor Schreck auf den Boden fällt, während sie Rosé trinkt, denn: "Das war mir tatsächlich passiert, also packten wir es in die Show." Viele Crewmitglieder hätten an jenem Drehtag hemmungslos geweint, obwohl die Wahl bereits Monate zuvor stattgefunden hatte: "So viele Menschen litten immer noch an posttraumatischer Belastungsstörung." Andere Crewmitglieder, die Trump gewählt hatten, waren einfach still. "Das ist die Welt, in der wir nun leben", habe Murphy nur gedacht: "Polarisiert."
7) Coven, Folge 12: "The Magical Delights Of Stevie Nicks"
Als Jugendlicher habe Stevie Nicks, die Sängerin der Rocklegende Fleetwood Mack, ihm das Leben gerettet, sagt Murphy. Sie habe ihm gezeigt, einzigartig zu sein und nichts darauf zu geben, was andere über dich denken oder sagen. Er habe sie lange überzeugen müssen, weil sie zunächst nicht sicher war, ob die Rolle in "Coven" zu ihr und ihrem Verständnis von Feminismus passe. Am Ende sei Nicks der einzige Star gewesen, der Blumen und Geschenke an Cast und Crew schickte: "Pure Magie und Freundlichkeit", sagt Murphy. Aber für Nicks sollte sich ihre Gastrolle auch auf unerwartete Weise als lukrativ erweisen: "Seven Wonders" sei als Fleetwood-Mac-Single eigentlich zu vernachlässigen, erzählt Murphy, aber weil er den Song als Kind so sehr liebte, habe er ihn für "Coven" verwendet – und Stevie habe ihm irgendwann erzählt, dass immer mehr junge Menschen den Song online kaufen würde, so dass es sich für Fleetwood Mac irgendwann richtig lohnte. Kurz nach Ende der Dreharbeiten sei er auf ein Fleetwood-Mac-Konzert gegangen, so Murphy, und es seien ungewöhnlich viele junge Menschen dort gewesen – wegen "American Horror Story". "Stevie liebte das", erzählt Murphy, und als sie an diesem Abend "Seven Wonders" anstimmte, sagte sie: "Das ist für Ryan." Da habe er geweint.

8) 1984, Folge 5: "Red Dawn"
Diese Staffel sei ein Experiment und eine echte "Bitch" gewesen, sagt Murphy: "Hallo? Drei Monate lang Nachtdrehs!" Jede habe den Verstand verloren: "Es ist der jüngste Cast, den wir je hatten, und eine echte Hommage an die 80er, als Brad und ich aufwuchsen." Von den Schauspielern feiert Murphy von Billie Lourd bis Leslie Grossman jede mit großer Begeisterung ab "Ich liebe die Frauenpower in dieser Staffel."
9) Roanoke, Folge 6: "Chapter Six"
Er liebe diese Episode, weil sie das Format verändere: von einer Story über ein Spukhaus zur Story über eine Reality-Show in diesem Haus. Er liebe, wie die Darsteller mehrere Rollen zugleich spielen, besonders Kathy Bates: "Ich glaube, das ist eine ihrer größten Rollen für uns. Ich war nie begeisterter als wenn Kathy sauer wird wegen der Saturn Awards und der Ungerechtigkeit des Ganzen. Sie war so brilliant. Aber das waren sie alle. Das war die Staffel, in der ich dachte: 'Ok, diese Show kann noch 20 Jahre laufen.'"