Vorbemerkung: Unerwähnte Väter in den Eltern-Kind-Kursen sind keiner Diskriminierung geschuldet, sondern der fehlenden Begegnung der Autorin mit solchen und der vereinfachten Lesbarkeit. Mütter, die die Möglichkeit haben, saufen zu gehen, haben dies meist ihrem Partner zu verdanken.
Ich habe den Eindruck, als Mutter mal Stellung beziehen zu müssen. Immer wieder sehe ich Artikel, in denen es darum geht, wie spießig sich Eltern im Freundeskreis verhalten oder wie schwer es ist, eine Freundschaft aufrecht zu erhalten, wenn die einen Kinder haben und die anderen nicht. Ich finde das gar nicht schwierig. Ich gehe immer noch mit Freunden saufen, wenn auch nicht mehr so oft, und wenn man sich tagsüber trifft, dann kommt das Kind eben meistens mit. Hat meines Wissens auch noch keinen gestört. Man sucht sich einen entspannten Platz, an dem das Kind spielen und man selbst Kaffee trinken kann – und alle sind zufrieden.
Aber wie nehme ich das Leben als Mutter sonst so wahr? Und wie das Leben mit meinen kinderlosen Freunden? Alles wie vorher, dachte ich. Aber je länger ich darüber nachdenke, desto mehr merke ich, dass das nicht stimmt. Ich versuche immer noch genauso zu sein wie vorher. Mir ist es wichtig, auf Geburtstage zu Freunden und Bekannten nach Berlin und Köln zu fahren, wenn ich eingeladen bin. Mir ist es wichtig, in Kontakt mit meinen Freunden zu stehen und zu wissen, was bei ihnen abgeht und ob es ihnen gut geht. Mir ist es wichtig, dass man immer noch Spaß miteinander hat, sich eine geschmeidige Seele behält, gemeinsam Neues erlebt und über Altes ablacht. Aber da ist noch was oder besser gesagt jemand Neues, der wichtig ist. Der sehr, sehr wichtig ist und dessen Bedürfnisse es auch sind.
Freundschaft ist eigentlich wichtiger denn je
Mir fällt auf, dass ich meine Freunde eigentlich mehr brauche denn je – und sie sind weniger präsent denn je. Alle sind beschäftigt mit ihren Depressionen, mit ihren Jobs, mit ihrem Partner, mit Reisen, Tätowieren und ihrem Studium. Und man ist mit seinem Kind halt so ne Randerscheinung im Leben der Leute. Wenn du ein Kind kriegst und keine befreundeten Mütter oder Studenten in der Nähe hast, dann gehst du erstmal auf Buddy-Suche. In Geburtsvorbereitungskursen, Rückbildungskursen und Eltern-Kind-Kursen hoffst du, dass da irgendjemand ist, mit dem du dich auch als Nicht-Mutti verstehen würdest. In meinem Fall: Jemand, mit dem ich mir vorstellen könnte, auch einen saufen zu gehen. Mein ernüchterndes Fazit: Die Mutter-Kind-Kurse scheinen voll zu sein mit Frauen, die entweder kein anderes Gesprächsthema haben als "Tipps rund ums Kind" und Haushaltskram oder mit Frauen, die aus welchen Gründen auch immer, lieber als Einzelgänger-Mutter durchs Leben gehen, als sich ehrlich anzuvertrauen und gemeinsam Spaß zu haben.
Und dann ist es eben auch so, dass es wirklich oft nicht passt. Ich habe das Gefühl, die Quote ist deutlich schlechter als in der Schule – da ist man ähnlich bunt zusammengewürfelt. Da steht man nun und biedert sich an bei Müttern, mit denen man sich regelmäßigeren Kontakt vorstellen könnte, oder freut sich, dass es irgendwelche Gruppentreffen gibt. Man beginnt eine Art Doppelleben zu führen und wenn man seine Freunde hört oder sieht, ist man froh, wenn man über diese Dinge nicht sprechen muss, und über was anderes sprechen kann. Zumindest war es bei mir so. Ich kam gar nicht auf die Idee, groß von diesen Dingen zu berichten. Es hätte mich eh nur frustriert.
Bis ich SIE traf. Eine Mutter wie ich, eine Frau wie ich. Auf einmal merke ich, wie gut es tut, sich einfach mal kurz per WhatsApp auszukotzen, wenn das Kind nicht schläft oder der Mann die Wäsche in der Waschmaschine vergessen hat. Wie gut es tut, loszuwerden, dass man heute richtig scheiße zu seinem Kind war, weil man die vierte Nacht hintereinander nicht gescheit geschlafen hat und natürlich auch nicht vernünftig genug war, früh ins Bett zu gehen. Wie gut es tut, gefragt zu werden: "Magst du auch einen Baileys in deinen Kaffee? Ich brauch das grad!" Wir tauschen uns aus darüber, wie schwer es ist, wenn man wenig bis kaum Unterstützung hat.
Dieses verhängnisvolle Eltern-Nicht-Eltern-Ding
Und ich merke, dass das Eltern-Nicht-Eltern-Ding doch beginnt, mich auf eine Art von meinen Freunden zu trennen. Dass ich beginne, nicht mehr nur aus der Notwendigkeit heraus, sondern aus Neugier und Freude, Lust an Treffen mit anderen Müttern zu haben. Vielleicht eine normale Entwicklung. Aber auch dem mangelnden Interesse meiner Freunde geschuldet. Ich merke, wie die Last des Perfekt-sein-Müssens, das auf Müttern ruht, mich so sehr eingenommen hat, dass ich nicht einmal ehrlich zu meinen Freunden und Freundinnen war. Dass ich, ohne es zu merken, so sehr dem Idealbild entsprechen wollte, das ich selbst von mir als Mutter habe, dass ich nie wirklich gesagt habe, wenn es schwer war oder ich mit etwas nicht wirklich weiter wusste. Alles habe ich mit mir ausgemacht und mit meinem Partner besprochen. Das hat auch gut funktioniert, aber man kapselt sich damit auch ab und schafft sich seine eigene kleine Welt. Etwas, das ich eigentlich nie wollte.
Erst indem ich einer ehrlichen Mutter begegnet bin, die zu ihren Schwächen steht und zu dem, was sie nicht leisten kann, beginne ich aufzutauen und merke, dass ich auch nur ein Mensch bin. Der Fehler macht, der nicht immer gleich leistungsfähig ist, der nicht immer seinen eigenen Ansprüchen gerecht wird. Und darüber zu sprechen, nach all den Gesprächen über Kuchen und Nasensprays und Nahrungsergänzungsmittel und all den anderen Scheiß, der mich so gar nicht interessiert, endlich mal wieder ein normales Gespräch zu führen, auf meine Art, das tut so gut.
Muttersein ist hart
Muttersein ist hart. Muttersein ist nicht hart, weil es hart ist (okay, das ist es manchmal, aber es hält sich in Grenzen). Muttersein ist hart, weil du ständig beurteilt wirst: von anderen Müttern, von Menschen auf der Straße, von deiner Familie, vielleicht sogar von deinen Freunden. Und auch wenn du nicht wirklich beurteilt wirst, ist da immer die Angst, es zu werden.
Muttersein ist hart, weil du einen Riesenteil der Arbeit alleine machen musst. Weil du oft nicht mal fünf Minuten Auszeit nehmen kannst, wenn du fast am Explodieren bist, und sich der Stress somit weiterträgt, statt dass du durch eine kleine Auszeit einfach mal zur Ruhe kommst.
Wir sind nicht dazu gemacht, Kinder alleine großzuziehen oder zu zweit, auch wenn das in der heutigen Zeit ein Satz sein mag, der befremdlich anmutet. Wenn du dich also mal wieder über deine Freundin aufregst, die ein Kind bekommen hat, dann frag doch vielleicht stattdessen einfach: "Soll ich mal babysitten?"