Erste Weihnachtsfeier seit Beginn des Gaza-Kriegs in Bethlehem

Der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Pierbattista Pizzaballa
Der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Pierbattista Pizzaballa
© AFP
Trommeln, Weihnachtslieder und Dudelsäcke unter strahlend blauem Himmel: Erstmals seit Beginn des Gaza-Krieges sind am Mittwoch in Bethlehem wieder Christen aus aller Welt zu offiziellen Weihnachtsfeierlichkeiten zusammengekommen. Hunderte Gläubige versammelten sich am Heiligabend in der Geburtskirche in Bethlehem zur Mitternachtsmesse. In der Stadt im von Israel besetzten Westjordanland soll Jesus Christus geboren worden sein. 

Schon weit vor Mitternacht waren die Kirchenbänke der Geburtskirche bis auf den letzten Platz gefüllt. Viele Gläubige standen oder saßen auf dem Boden, um die traditionelle Messe zum Weihnachtsfest zu feiern. Um 23.15 Uhr (Ortszeit, 22.15 Uhr MEZ) erklang Orgelmusik, während eine Prozession mit Dutzenden Geistlichen Einzug hielt. Dahinter folgte der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Pierbattista Pizzaballa, der die Menge mit dem Kreuzzeichen segnete. 

In seiner Predigt rief Pizzaballa zu Frieden, Hoffnung und Wiedergeburt auf. Er betonte, dass die Weihnachtsgeschichte angesichts der Wirren der heutigen Zeit noch immer relevant sei. Weihnachten lade dazu ein, "die Kraft der Liebe, der Solidarität und der Gerechtigkeit neu zu entdecken", sagte er. Sowohl im kurz zuvor von ihm besuchten Gazastreifen als auch im Westjordanland finde die Weihnachtsbotschaft "Widerhall".

Bereits vor Beginn der Messe hatten hunderte Menschen an einer Parade durch die enge Stern-Straße teilgenommen, Pfadfinder spielten auf Dudelsäcken Weihnachtslieder. Auf dem Manger-Platz vor der Geburtskirche versammelten sich zahlreiche Menschen.

"Heute ist ein Tag voller Freude, denn wegen des Krieges konnten wir bisher nicht feiern", sagte der 17-jährige Pfadfinder Milagros Anstas der Nachrichtenagentur AFP. Für die 18-jährige Pfadfinderin Katiab Amaya sind die wiederaufgenommenen Feierlichkeiten ein wichtiges Symbol: "Es gibt uns Hoffnung, dass es hier immer noch Christen gibt, die feiern, und dass wir die Traditionen weiterhin pflegen."

Mit Einbruch der Dunkelheit erstrahlte der Platz im Glanz bunter Lichter. Vor der Kirche verkauften als Weihnachtsmänner verkleidete Männer kandierte Äpfel und Spielzeug. Familien ließen sich vor einer Weihnachtskrippe fotografieren. Die Einwohner hoffen, dass die Rückkehr der diesjährigen Weihnachtsfeierlichkeiten nach zwei Jahren Pause die Geschäfte in der Stadt wieder ankurbelt.

Die Behörden der Stadt hatten in den vergangenen zwei Jahren wegen des durch den Hamas-Angriff auf Israel ausgelösten Gaza-Krieges auf die festliche Dekoration in Bethlehem verzichtet. Doch zum diesjährigen Weihnachten funkelte neben der Geburtskirche wieder ein hoch aufragender Weihnachtsbaum, der mit roten und goldenen Kugeln geschmückt war. Der Sakralbau aus dem vierten Jahrhundert wurde auf einer Grotte erbaut, in der nach christlichem Glauben Jesus vor mehr als 2000 Jahren geboren wurde.

Seit dem 10. Oktober gilt im Gazastreifen eine fragile Waffenruhe zwischen der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas und Israel. Beide Seiten werfen sich jedoch immer wieder Verstöße gegen die Waffenruhe vor.

Im Oktober 2023 hatten Hamas-Kämpfer und verbündete Milizen Israel überfallen. Die Islamisten töteten mehr als 1200 Menschen und verschleppten etwa 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen. In dem dadurch ausgelösten Krieg wurden nach Hamas-Angaben im Gazastreifen mehr als 70.000 Menschen getötet. Die Angaben können nicht unabhängig überprüft werden.

Das Flugverkehr-Trackingportal Flightradar24 und weitere Webseiten ließen an Heiligabend ihre jährliche Tradition wieder aufleben und begleiteten live die himmlische Geschenketour eines Weihnachtsmann-Schlittens vom Nordpol. 

In Australien äußerte sich Premierminister Anthony Albanese nach dem jüngsten antisemitischen Anschlag auf eine Chanukka-Feier am weltberühmten Bondi Beach deutlich ernster. "Wo immer Sie sich in unserem wunderbaren Land befinden, Weihnachten wird sich dieses Jahr anders anfühlen", sagte er. "Nach dem Terroranschlag auf die jüdische Gemeinde Australiens, die Chanukka am Bondi Beach feierte, spüren wir tiefe Trauer in unseren Herzen."

AFP