Das Geld stammte Recherchen der Wochenzeitung "Die Zeit" und der französischen Tageszeitung "Le Monde" zufolge aus einem Haushaltstopf, aus dem die Fraktionen Dienstleister für ihre Arbeit im Parlament bezahlen sollten. Profitiert haben sollen hingegen "politische Buddys" der ID-Fraktion, wie "Die Zeit" in der vergangenen Woche berichtete. Darunter sollen demnach Unternehmen gewesen sein, die der AfD und der französischen Partei Rassemblement National (RN) nahestanden.
Die inzwischen aufgelöste Fraktion steht den Berichten zufolge im Verdacht, die Pflicht zu Ausschreibungen missachtet und befreundete Firmen bezahlt zu haben. So soll eine Medienagentur aus Fulda, deren Besitzer ein AfD-Lokalpolitiker ist, insgesamt 64.000 Euro erhalten haben, ohne dass andere Angebote eingeholt worden seien. Die AfD-Abgeordnete Christine Anderson, deren Website von dem Fuldaer Unternehmen gestaltet wurde, wies die Vorwürfe nach Angaben der "Zeit" zurück.
Deutlich höhere Beträge von insgesamt mehr als drei Millionen Euro sollen den Medienrecherchen zufolge an Unternehmen geflossen sein, welche dem französischen RN nahestehen. Auch in diesen Fällen sei auf Ausschreibungen verzichtet worden, auch seien Beträge ohne erkennbare Gegenleistung gezahlt worden.
Die RN-Fraktionsvorsitzende in der französischen Nationalversammlung, Marine Le Pen, war erst im März gemeinsam mit mehreren weiteren prominenten Parteimitgliedern wegen der Veruntreuung von EU-Geldern in Höhe von 4,5 Millionen Euro verurteilt worden. Die neuen Vorwürfe kamen den Medienberichten zufolge auf, nachdem die ID-Fraktion sich im Juli 2024 aufgelöst hatte und ihre Schlussabrechnung überprüft worden war.
Nach Angaben von "Le Monde" soll der interne Prüfbericht in Kürze an den Parlamentsausschuss zur Haushaltskontrolle gehen. "Die Verwaltung geht davon aus, dass ein Gesamtbetrag von mindestens 4.333.635,78 Euro von der ID-Fraktion unrechtmäßig ausgegeben wurde", heißt es in dem Bericht. Dies könne "Korrekturmaßnahmen" zur Folge haben.
Falls es dazu kommen sollte, müsste zuerst die Rechtsnachfolge der aufgelösten Fraktion geklärt werden. RN-Chef Jordan Bardella argumentierte am Dienstag in Straßburg, es gebe "keine rechtliche Verbindung" zwischen seiner Partei und der ehemaligen Fraktion. Die RN-Abgeordneten - darunter auch Bardella - hatten bis zur Auflösung der ID die größte Delegation in der Fraktion gestellt.
Das Europaparlament teilte mit, es werde "vollständig mit nationalen und europäischen Behörden zusammenarbeiten, wenn es dazu aufgefordert wird".