Klöckner war am Dienstag zur Bundestagspräsidentin gewählt worden. In ihrer Antrittsrede rief sie die Abgeordneten des neuen Parlaments zu einem respektvollen und fairen Umgang miteinander auf. Zugleich müssten die Parlamentarierinnen und Parlamentarier Verständnis auch für andere Meinungen entwickeln.
Im Gespräch mit dem ZDF bekräftigte Klöckner am Dienstagabend, Demokratie sei Zumutung, "das heißt auch auszuhalten". Es gebe aber Grenzen. "Dass gestritten wird, gehört dazu. Es geht darum, dass wir mit Anstand diskutieren." Im Deutschlandfunk ergänzte sie: "Hält sich irgendwer nicht an unsere Spielregeln, hat das Konsequenzen." Alle Abgeordneten hätten die gleichen Rechte und Pflichten.
Mit Verweis auf Zwischenrufe der AfD bei der konstituierenden Sitzung am Dienstag sagte sie im Deutschlandfunk, "wenn man Mehrheitsentscheidungen eines Parlamentes als Kartell abtut, dann hat man die Demokratie nicht verstanden und da schreite ich dann ein". Im Bundestag müssten ein Ton, ein Stil und eine Gesinnung gepflegt werden, die dem Parlament würdig seien. Letztlich seien aber alle gefordert, "mit der AfD konkret umzugehen", das gelte für Ausschüsse ebenso wie den Ältestenrat.
Klöckner verteidigte zudem ihr Gesprächsangebot an ausnahmslos alle Fraktionen, sich noch vor ihrer Wahl bei ihnen vorzustellen. Sie sagte den Sendern RTL und ntv am Dienstagabend, es wäre "nicht nachvollziehbar, wenn man den Anspruch hat, überparteilich zu sein und unparteiisch zu sein, um dann gleich ein Drittel gewählter Abgeordneter, ob das mir passt oder nicht, von formalen Vorgängen auszuschließen".
Das Gespräch sei zwar letztlich nicht zustande gekommen. Das habe aber daran gelegen, dass die AfD ihr einen Termin während des ökumenischen Gottesdienstes gegeben habe, der zur Eröffnung der Legislaturperiode stattfinde und ihr persönlich wichtig sei und den sie auch schon zugesagt hatte, sagte Klöckner in mehreren Interviews.
AfD-Chefin Alice Weidel sagte dazu dem "Tagesspiegel": "Unsere Einladung zu einem Austausch in unserer Fraktion steht. Wir freuen uns, wenn Frau Klöckner es einrichten kann, in eine unserer nächsten Sitzungen zu kommen." Das Thema des Umgang mit der AfD sei "ein dringendes". Der Fraktion würden "elementare parlamentarische Rechte vorenthalten", etwa das Recht der Mitwirkung im Präsidium.
CSU, SPD, Grüne und Linke stellen nach der Wahl vom Dienstag einen Stellvertreter oder eine Stellvertreterin von Klöckner ins Präsidium - einzig die AfD bekam in insgesamt drei Wahlgängen keine Mehrheit für ihren Kandidaten. Die Partei hatte das scharf kritisiert und versucht, mit einem Antrag ein Recht auf einen Stellvertreter durchzusetzen.
Auch BSW-Chefin Sahra Wagenknecht übte grundsätzlich daran Kritik: "Die Nichtwahl eines AfD-Vizepräsidenten im Bundestag ist falsch, denn auch dieser Umgang hat dazu beigetragen, dass sich die AfD in den letzten Jahren verdoppeln konnte", sagte sie AFP. Wähler würden nicht dadurch zurückgewonnen, "dass man der AfD im Bundestag weiterhin wichtige Ämter und andere formale Rechte vorenthält". Damit vertiefe der Bundestag die Polarisierung des Landes "und die AfD kann sich als Opfer inszenieren".
Klöckner verteidigte dies hingegen als demokratische Vorgänge. Die AfD habe grundsätzlich die Chance, einen Posten im Parlamentspräsidium zu besetzen, weil jede Fraktion einen Kandidaten oder eine Kandidatin benennen könne, sagte sie im Deutschlandfunk. Wie dann die Abgeordneten "in geheimer Wahl frei entscheiden, ist die Freiheit des Mandats". Ein "Recht auf ein Ja" gebe es in einer Demokratie nicht.