Sorge um Sicherheit: Bürgerrechtler will China verlassen

Der Bürgerrechtler Chen Guangcheng will aus China ausreisen, da er sich dort nicht sicher fühlt.

Der Bürgerrechtler Chen Guangcheng will aus China ausreisen, da er sich dort nicht sicher fühlt. Der blinde Aktivist, der nach sechs Tagen die US-Botschaft unter ungeklärten Bedingungen verlassen hatte, sagte der Nachrichtenagentur AFP, er bitte die USA um Hilfe beim Verlassen des Landes. Überschattet von der Affäre um den Bürgerrechtler starteten die USA und China eine neue Runde ihres strategischen und politischen Dialogs.

"Ich will ins Ausland. Ich möchte, dass die USA mir und meiner Familie helfen. Sie haben mir zuvor geholfen", sagte Chen am Telefon. Der blinde Aktivist wurde in einem Pekinger Krankenhaus wegen einer Fußverletzung behandelt, die er sich vergangene Woche bei seiner Flucht aus dem Hausarrest zugezogen hatte. Trotz der ihm vor Verlassen der US-Botschaft gemachten Zusicherungen der Behörden fühle er sich nicht sicher in China, sagte Chen.

Chen hatte zuvor in einem kurzen Interview mit dem US-Fernsehsender CNN US-Präsident Barack Obama gebeten, "alles zu tun", damit er mit seiner Familie aus China ausreisen könne. In dem Telefoninterview warf Chen den US-Diplomaten vor, ihn im Stich gelassen zu haben. Seine Frau Yuan Weijing habe gesagt, dass in ihrem Haus in Shandong bereits die Sicherheitskräfte auf ihn warteten. Die Behörden drohten demnach, dass er das Haus nie wieder verlassen werde.

Von seinen Verwandten hatte es zuvor geheißen, die Behörden hätten Chen mit Repressalien gegen seine Familie gedroht, sollte er die Botschaft nicht verlassen. US-Botschafter Gary Locke betonte vor Reportern, Chen sei nicht unter Druck gesetzt worden, die Botschaft zu verlassen. Er sei "aufgeregt und begierig" zu gehen gewesen, sagte Locke. Seine Frau habe ihn gedrängt, zurück zu seiner Familie zu kommen.

Ein ranghoher US-Beamter sagte, Diplomaten stünden im Kontakt mit Chen und seien bereit, ihm bei der Ausreise zu unterstützen. Es sei aber noch unklar, was Chen wolle, sagte der Beamte. Der Aktivist hatte zuvor betont, er wolle in China bleiben, um dort seine Menschenrechtsarbeit fortzusetzen. Von US-Seite hatte es geheißen, ihm sei von den chinesischen Behörden versichert worden, er werde nicht weiter behelligt und könne an einer Universität studieren.

Chinas Präsident Hu Jintao forderte zum Auftakt der US-chinesischen Gespräche in Peking, Meinungsverschiedenheiten im gegenseitigen Respekt zu lösen. Die beiden größten Wirtschaftsmächte der Welt müssten zusammenarbeiten, auch wenn es Meinungsverschiedenheiten gebe. Ziel müsse ein "besseres gegenseitiges Verständnis" sein. Denn eine Konfrontation zwischen China und den USA könne "schwerwiegende" Risiken für die Welt bergen.

US-Außenministerin Hillary Clinton verlangte ihrerseits eine Wahrung der Bürgerrechte und Rechtsstaatlichkeit, ohne dabei Chens Namen zu nennen. Der strategische und wirtschaftliche Dialog zwischen den beiden Großmächten findet abwechselnd in den USA und China statt. Im Zentrum stehen dabei traditionell die großen politischen und wirtschaftlichen Konfliktfelder beider Staaten. Das chinesische Außenministerium hatte zuvor das Vorgehen der USA im Fall Chen als Einmischung in Chinas innere Angelegenheiten bezeichnet.

Der seit seiner Kindheit blinde Chen hatte sich als autodidaktischer Anwalt mit seinem Einsatz für die Opfer von Zwangssterilisierungen und Landenteignungen einen Namen gemacht. Der 40-Jährige war 2006 zu einer vierjährigen Haftstrafe verurteilt und anschließend in seinem Haus unter Arrest gestellt worden. Am 22. April war es ihm mit Hilfe von Unterstützern gelungen, aus dem Hausarrest zu fliehen. Seitdem befand er sich in der US-Botschaft.

AFP
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