"Normalerweise würde eine Regierung in so einem Fall gestürzt", sagte der 16-jährige Demonstrant David Kozak der Nachrichtenagentur AFP. "Für sie sind nicht die Missbrauchsfälle das Problem, sondern dass sie aufgedeckt worden sind", sagte er mit Blick auf die Regierung.
Orban hat dem Kinderschutz nach eigenen Worten seit seiner Rückkehr an die Macht im Jahr 2010 in seiner Politik höchste Priorität eingeräumt. In den vergangenen Jahren wurde seine Regierung jedoch von mehreren Missbrauchsskandalen erschüttert.
Ein von der Tisza-Partei am Freitag veröffentlichter Regierungsbericht aus dem Jahr 2021 hatte weitverbreiteten Missbrauch in Kinderheimen festgestellt. Darin ist die Rede von rund 3000 mutmaßlichen Missbrauchsfällen in ungarischen Kinderheimen. Dies entspricht mehr als einem Fünftel aller Minderjährigen in staatlicher Obhut. Er wurde 2022 an die zuständigen Behörden weitergeleitet, "um deren Arbeit zu unterstützen", wie das Innenministerium in einer Stellungnahme erklärte.
Dem Bericht zufolge wurden damals mehr als 320 Kinder in staatlicher Obhut Opfer sexueller Gewalt, 77 von ihnen wurden demnach missbraucht. Das Betreuungspersonal kritisierte laut dem Bericht zudem, dass Polizei oder Staatsanwaltschaft Ermittlungen ohne Anklage einstellten. Als Grund dafür sei meist ein Mangel an Beweisen genannt worden, hieß es.
Zuletzt sorgte ein neuer Fall von Gewalt in einer Jugendstrafanstalt in Budapest für Schlagzeilen. Auf Bildern einer Überwachungskamera war zu sehen, wie der Direktor eines Jugendgefängnisses einen Jungen gegen den Kopf trat. Vier Mitarbeiter waren Anfang der Woche in Gewahrsam genommen worden, die Regierung stellte alle Einrichtungen dieser Art unter polizeiliche Aufsicht. Schon zuvor waren drei weitere Mitarbeiter festgenommen worden, darunter ein ehemaliger Direktor, dem die Leitung eines Prostitutionsrings vorgeworfen wird.