Ein Flug in der ersten Klasse ist ein Traum: Viel Platz für die Beine, ein luxuriöses Menü und das beste Unterhaltungsprogramm in 10.000 Metern Höhe. Die Reise des Geschäftsmanns Paul Trinder hatte freilich nicht märchenhaftes an sich. Sie glich eher einem Alptraum.
Drei Stunden nachdem die British Airways-Maschine den Flughafen der indischen Hauptstadt Neu Dehli in Richtung London verlassen hatte, sackte eine 70-jährige indische Passagierin in sich zusammen - und war sofort tot. Wenn schon Langbeinige kaum Platz in der Ecomomy-Klasse haben, dann erst recht keine Leiche - also ab in die Erste Klasse mit ihr, dachte sich die Kabinenbesatzung. Sie setzte die tote Inderin neben den schlafenden Paul Trinder, "Goldcard"-Mitglied und Vielflieger. 4500 Euro verdiente die British Airways an dem 57-Jährigen, nun dieser schwere Fauxpas: "Ich wurde wach und sah, wie ein Steward eine Art Kartoffelsack neben mir platzierte", sagte Trinder britischen Medien nach seinem Horrorflug. "Ich erinnere mich nur daran, wie auf diese dünne Frau geschaut habe und gedacht habe: Sie sieht sehr krank aus. Erst später bemerkte ich, dass es eine Leiche war."
"Es war furchtbar"
An Schlaf war jetzt natürlich nicht mehr zu denken. Auch, weil der steife Körper neben Trinder immer wieder unter dem Sicherheitsgurt hervor und unter den Vordersitz rutschte. "Es war furchtbar," berichtet der geschockte Trinder. Hinzu kamen die trauernden Verwandten: Tochter und Schwiegersohn der Verstorbenen gaben ihr im Flugzeug das letzte Geleit. Sie trauerten mit lautem Klagegesang. Für Trinder verschlimmerte dies die unangenehme Situation zusätzlich.
Nach Angaben von British Airways sterben jährlich zehn Menschen während eines Fluges. Wie die Fluglinien mit den Leichen umgehen, unterscheidet sich jedoch. Bei der Singapur Airlines hat man in einiger der Maschinen sogar "Leichen-Ablagefächer" einbauen lassen, berichtet eine amerikanische Internet-Zeitung. Sollte kein Sitzplatz für einen Toten frei sein, könnte er dort abgelegt werden.
Auch bei British Airways gibt es eine "Leichen-Vorschrift". Sie sieht vor, den Körper zu bedecken und ihn, wenn denn ein Platz frei ist, in die erste Klasse zu schaffen. Dort, so die Begründung, würden weniger Menschen gestört. "Die Crew hat absolut richtig gehandelt", sagte ein BA Sprecher in einer öffentlichen Stellungnahme. "Die Toten dürfen keine Durchgänge oder Ausgänge blockieren. Um die Dahingeschiedenen herum sollte genug Platz sein. Die Wünsche der Familie oder der Freunde, die mit der verstorbenen Person reisen, werden dabei stets berücksichtigt, sowie auch die der anderen Passagiere."
Doch auf den bedauernswerten Geschäftsmann Trinder scheint die Kabinenbesatzung nicht besonders viel Rücksicht genommen haben. Denn der beschwerte sich nach seinem Flug: "Der Steward hat diesen Körper einfach neben mich gesetzt, ohne ein Wort zu sagen." Zudem habe er Angst gehabt, dass die Leiche neben ihm verfault.
Auch nach der Landung ging der Ärger für Passagier Trinder weiter. Zwar entschuldigte sich die Airline bei ihrem gutbetuchten Kunden, doch neben einen paar Extra-Punkten auf seiner Goldkarte gab es keine Entschädigung für den Flug mit der unangenehmen Nachbarin. Ihm wurde beschieden, er solle einfach über diese Erfahrung hinwegkommen. Eine sehr dünne Erklärung, meint Trinder: "Ich denke mir nur: Ich habe mehr als 3000 Pfund für diesen Flug gezahlt." Vielleicht denkt sich Trinder ab sofort: Manchmal ist es gar nicht so gut, zu den "Erlesenen" in der ersten Klasse zu gehören.