Der Vorstand des AfD-Landesverbandes Saar unterhielt über Monate enge Verbindungen zu Neonazis und rechten Parteien und Gruppierungen. Das berichtet der stern in seiner neuen Ausgabe. Dem stern liegen Protokolle von Sitzungen des AfD-Landesvorstands, E-Mails des Landesvorsitzenden Josef Dörr und Whats-App-Nachrichten des stellvertretenden Landesvorsitzenden Lutz Hecker vor.
Die Saar-AfD versuchte zuerst, Mitglieder bei der Freien Bürger-Union (FBU) zu gewinnen. Die Partei ist eine rechte Gruppierung, sie gilt, so steht es in einem internen Papier der AfD-Zentrale, als "flächendeckend durch die NPD gesteuert". Der AfD-Landesvorsitzende Josef Dörr trat vergangenen Juli persönlich bei einer FBU-Versammlung auf.
In den folgenden Wochen trafen nach stern-Informationen immer wieder FBU-Leute mit AfD-Landesvorstandsmitgliedern zusammen. Diskutiert wurden Doppelmitgliedschaften. Die FBU-Mitglieder sollten einen reduzierten Mitgliedsbeitrag von 30 Euro im Jahr zahlen. Die Plätze auf der Liste für die Landtagswahl wollten die beiden Parteien aufteilen. Später entschied sich der AfD-Landesvorstand gegen eine Zusammenarbeit.
NPD-Mitglieder bei AfD-Demo
Höhepunkt der sogenannten Herbstoffensive der AfD Saar, bei der auch die Schwester des BND-Präsidenten Gerhard Schindler engagiert ist, sollte eine Demo in Saarbrücken werden. Daran nahmen am 4. November 2015 auch der NPD-Landesvorsitzende und frühere Vize-Bundeschef Peter Marx teil, ebenso der bekannte Neonazi Sascha Wagner und weitere Rechtsradikale.
Die stern-Recherchen belegen, dass sowohl Dörr als auch sein Stellvertreter Lutz Hecker in den Wochen zuvor mit einer in der Region bekannten rechtsextremen Aktivistin in Kontakt standen: mit Ulrike Reinhardt aus Kaiserslautern. Reinhardt verantwortet die Homepage "pfaelzer-spaziergaenge.de", hinter der sich die Organisation "Saarländer gegen Salafisten" (SageSa) verbirgt, die laut Saarländischem Landesamt für Verfassungsschutz von der NPD kontrolliert wird. "Technischer Ansprechpartner" ist der Neonazi Sascha Wagner. "Ich bin sehr an einer Zusammenarbeit mit Ihnen interessiert", schrieb Dörr im Oktober 2015 an Ulrike Reinhardt. Der AfD-Politiker fuhr auch nach Kaiserslautern, um sich mit Ulrike Reinhardt zu treffen.
Der AfD-Bundesvorstand erfuhr nach stern-Informationen schon im Oktober von den Kontakten des Landesverbandes Saar ins rechte Milieu. Mit der Angelegenheit war unter anderem der AfD-Bundesvorstandsmitglied Dirk Driesang befasst. Die Bundespartei schickte Josef Dörr eine Abmahnung.
AfD-Bundesvorstand nahm Abmahnung zurück
Im Februar 2016 allerdings nahm der AfD-Bundesvorstand die Abmahnung plötzlich zurück. Man habe noch einmal mit Dörr und Hecker gesprochen, heißt es jetzt. Dabei sei der Vorwurf, es seien "Personen aus dem 'Rechtsaußensprektrum' aktiv zur Demontration eingeladen worden", zurückgewiesen worden. Nach stern-Informationen war die Bundespartei nicht über alle Umtriebe ihres Landesvorsitzenden Josef Dörr und seines Stellvertreters Lutz Hecker informiert. Die Zusammenarbeit mit Ulrike Reinhardt etwa und Dörrs Gespräch mit dem Neonazi Sascha Wagner waren der Parteispitze möglicherweise unbekannt.