"Ermittlergruppe Arian" Kein Hinweis auf Fremdverschulden: Was über den Leichenfund in Niedersachsen bekannt ist

Mit Luftballons und Süßigkeiten suchten Polizisten und Helfer in Niedersachsen fieberhaft nach dem vermissten Arian
Mit Luftballons und Süßigkeiten suchten Polizisten und Helfer in Niedersachsen fieberhaft nach dem vermissten Arian
© Daniel Bockwoldt / DPA
Ein Landwirt in Niedersachsen macht einen traurigen Fund: In seinem Feld liegt eine Kinderleiche. Der Ort befindet sich in jener Region, wo vor Wochen nach dem sechsjährigen Arian gesucht wurde. Handelt es sich um den Vermissten?

Über zwei Monate nach dem Verschwinden des sechsjährigen Arian hat ein Landwirt im Landkreis Stade eine Kinderleiche gefunden. In der Region im Norden Niedersachsens spielte Ende April bis Mitte Mai eine beispiellose Suchaktion nach dem sechsjährigen Arian ab. Der autistische Junge wird seit Wochen vermisst. Die Suchaktion wurde eingestellt. Der Fund in Niedersachsen lässt nun aufhorchen. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Wo wurde die Kinderleiche gefunden?

Am Montagnachmittag gegen 16.30 Uhr entdeckte ein Landwirt die Kinderleiche bei Mäharbeiten auf einer Wiese in Estorf. Der Ort befindet sich im Landkreis Stade – genauer gesagt im Ortsteil Behrste und damit im Gebiet der Suche nach dem vermissten Jungen und nur wenige Kilometer von dessen Heimatort entfernt.

Gibt es schon Hinweise zur Todesursache?

Die Ermittler haben zumindest keine Hinweise auf ein Fremdverschulden gefunden. Die kriminaltechnische Untersuchung am Fundort sei abgeschlossen, teilte die Polizei am Dienstag mit. Es gebe noch keine Ergebnisse dazu, woran das Kind gestorben sei, sagte eine Polizeisprecherin am Dienstag in Rotenburg dem Nachrichtensender Welt TV mit Blick auf die rechtsmedizinische Untersuchung. Rechtsmediziner in Hamburg sollen zunächst die Identität des toten Kindes klären. Ein Ergebnis wird im Laufe der Woche erwartet, erst dann soll es genauere Informationen geben.

Seit wann wird Arian vermisst?

Der aus Elm, einem Ortsteil von Bremervörde zwischen Bremerhaven und Hamburg, stammende Sechsjährige ist seit dem 22. April verschwunden. Videos einer privaten Überwachungskamera zeigen den Jungen, wie er das Elternhaus verlässt und Richtung Wald läuft. An der Oste fanden die Ermittler noch Fußabdrücke des Kindes. Danach verlor sich die Spur.

Wie lange hat die Suchaktion gedauert?

Rund eine Woche lang suchten Einsatzkräfte und freiwillige Helfer in Dörfern, Wiesen und Wäldern, an Land, aus der Luft und im Wasser nach dem Kind – Tag und Nacht. Zeitweise waren bis zu 1200 Menschen beteiligt. Im Einsatz waren Suchhunde, eine Reiterstaffel, Helikopter, Drohnen, ein Tornado-Flieger, Amphibienfahrzeug, Boote und Taucher. Es wurde sogar Feuerwerk abgebrannt, um den autistischen Jungen zu finden – der Sechsjährige soll früheren Angaben zufolge nicht auf Ansprachen reagieren. In einem Waldgebiet, das an das Wohnhaus der Familie des Jungen angrenzt, hängte die Feuerwehr auf Wunsch der Eltern Luftballons und Süßigkeiten auf.

Ende April hatte die Polizei die flächendeckende Suche zunächst eingestellt, aber im Mai gab es noch einmal eine koordinierte Aktion.

Warum wurde die Suche eingestellt?

Die neue Suche habe dazu geführt, dass die Polizei wieder vermehrt Hinweise erhalte, sagte der Polizeisprecher. Tipps gingen aus verschiedenen Teilen Deutschlands und auch aus dem Ausland ein, beispielsweise aus Österreich. Bei seinen Kollegen liege ein "Berg von Hinweisen", sagte der Sprecher. Doch schließlich entschieden die Beamten in Absprache mit dem niedersächsischen Innenministerium, die Suche einzustellen. Für eine erneute Suche habe es keinen bestimmten Anlass gegeben.

Trotzdem gehen die Beamten dem Vermisstenfall weiter nach. Eine fünfköpfige Ermittlergruppe arbeitet die bei der Suche eingegangenen Hinweise nach und nach ab. Vorläufig plant die Polizei, dass die sogenannte "Ermittlergruppe Arian" zwei Monate lang tätig ist, allerdings kann der Einsatz verlängert werden.

Warum wurde das Kind nicht früher entdeckt?

Das fragen sich vor Ort viele – auch der Landwirt, der den Leichnam gefunden hat. Das Feld sei in der Vergangenheit von Einsatzkräften durchsucht worden, sagte der Mann. "Die sind da überall gewesen." Der Bauer sagte: "Das war das Erste, was ich zur Polizei gesagt habe: Warum habt ihr ihn nicht gefunden?" Das Gras sei im April nicht sonderlich hoch gewesen; vielleicht zehn Zentimeter, schätzt der Landwirt. Nach Beschreibungen einer DPA-Reporterin war der Fundort nach den Mäharbeiten gut einsehbar, am Rande einer Wiese.

Wie wahrscheinlich ist es, dass es sich bei der Kinderleiche um Arian handelt?

Es gab mehrere Vermutungen der Polizei zu der Frage, was Arian geschehen sein könnte. Als am wahrscheinlichsten galt demnach, dass der Junge einen Unfall ohne fremde Beteiligung hatte. Gegen einen Kriminalfall sprach damals, dass die Einsatzkräfte kleine Fußabdrücke an dem Fluss Oste fanden, die wahrscheinlich von Arian stammten.

Ob es sich bei dem gefundenen Leichnam wirklich um Arian handelt, lasse sich derzeit nicht zweifelsfrei sagen, teilte die Polizei am Dienstag mit. Der Landwirt, der die Leiche entdeckte, berichtete im Gespräch mit der "Bild"-Zeitung von einem gelben T-Shirt. Auch Arian hatte am Tag seines Verschwindens ein gelbes Oberteil getragen.

Rechtsmediziner sollen die Identität des toten Kindes klären. Mit einem Ergebnis sei aber frühestens im Laufe der Woche zu rechnen. Spezialisten hätten auch den Fundort bis in die Nacht akribisch unter die Lupe genommen. Die "Ermittlungsgruppe Arian" halte aber einen Zusammenhang mit dem verschwundenen Sechsjährigen für wahrscheinlich.

Hinweis: Dieser Artikel wurde mehrfach mit neuen Details aktualisiert.

DPA
cl/tkr

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