Sexueller Missbrauch und Prostitution, Geschäfte mit pädophilen Freiern: Im Fall des kleinen Pascal im Saarland geht die Polizei eineinhalb Jahre nach seinem Verschwinden heute vom Schlimmsten aus. Der Leiter der Saarbrücker Kriminalpolizei, Peter Steffes, sagte am Mittwoch, von den zwölf festgenommenen Männern und Frauen gebe es mehrere übereinstimmende Aussagen, nach denen Pascal bereits am Tag seines Verschwindens, also dem 30. September 2001 missbraucht und getötet wurde. Anschließend sei er in einer mehrere Quadratkilometer großen Kies- und Sandgrube eines ehemaligen lothringischen Kohlebergwerks in Schöneck bei Saarbrücken verscharrt worden. Nach den bisherigen Ermittlungen gehen Polizei und Staatsanwaltschaft von einem ganzen Kinderschänder-Ring aus. Es gebe mehrere Opfer, heißt es von der Polizei. Zahlen nennt sie nicht. Den Fall ins Rollen brachte der ein Jahre lang sexuell missbrauchte und misshandelte Spielkamerad von Pascal.
Mehrere Kinder betroffen
Der damals fünfjährige Pascal, sein mittlerweile siebenjähriger Spielkamerad, mindestens noch ein kleines Mädchen und vermutlich auch andere Kinder waren zuvor laut Polizei wiederholt und wahrscheinlich über Monate hinweg in einer Bier-Klause in Saarbrücken-Burbach sexuell missbraucht worden. Die Wohnung der Familie von Pascal war nur etwa 100 Meter von dieser ehemaligen «Tosa-Klause» entfernt, in die inzwischen ein italienischer Pizza-Service eingezogen ist. Hinweise, dass Pascals Familie in den Fall verwickelt ist, gibt es nicht.
Missbrauch und erzwungene Prostitution
Unter den Festgenommenen sind acht mehrheitlich arbeitslose Männer und vier Frauen im Alter zwischen 35 und 60 Jahren. Bei dem mutmaßlichen Ring von Kinderschändern gab es wohl erzwungene Prostitution, Freier zahlten für den Sex mit Kindern, geht aus den bisherigen Ermittlungen der Polizei hervor. Einzelheiten dazu und über die Art, wie Pascal getötet wurde, nannte die Polizei nicht. Fest steht bisher nur: Einer der Dreh- und Angelpunkte der Kinderschänder-Gruppe war die Ex-Wirtin der Klause, die mit anderen erwachsenen Frauen dort offensichtlich auch der «normalen» Prostitution nachgegangen ist.
Klausen-Wirtin war Pflegemutter eines Opfers
Die inzwischen 50-Jährige war zeitweise vom Jugendamt des Stadtverbandes Saarbrücken als Pflegemutter für Pascals Freund bestellt, der mit seinen Aussagen die Ermittlungen gegen die Kinderschänder-Gruppe entscheidend vorangebracht hatte.
Ermittlungen könnten lange dauern
«Die Ermittlungen können noch Wochen oder gar Monate dauern», sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Raimund Weyand. Er ermittelt gegen die zwölf Festgenommenen - acht arbeitslose Männer sowie vier Frauen im Alter zwischen 35 und 60 Jahren - wegen gemeinschaftlichen Mordes an Pascal. Wegen schweren sexuellen Missbrauchs in anderen Fällen wird noch gegen zwei andere Verdächtige ermittelt. Dazu kommen gesonderte staatsanwaltliche Ermittlungen gegen eine Sozialarbeiterin im Saarbrücker Jugendamt, die der Bierklausen-Wirtin die Vormundschaft über den später sexuell missbrauchten Pascal-Freund übertragen hatte. Zu den Opfern der Bande gehört auch ein Mädchen, zu dem die Ermittler keine näheren Angaben machen wollten.
Identität streng geheim
Diese schon 1995 ausgesprochene Pflegschaft war der Wirtin nach Darstellung eines Stadtverbandsprechers aber bereits zur Jahreswende 2000/2001 wegen Verwahrlosung des Kindes entzogen worden. Hinweise auf sexuellen Missbrauch habe es damals nicht gegeben. Der kleine Junge hatte seinen neuen Pflegeeltern von den sexuellen Übergriffen in der «Tosa-Klause» erzählt. Von ihm gaben Polizei und Staatsanwaltschaft am Dienstag aus Sicherheitsgründen nicht einmal den Vornamen bekannt. «Dieser siebenjährige Junge ist inzwischen an einem sicheren Ort», hieß es nur.
Leiche nicht gefunden
Immer noch fehlt die Leiche von Pascal. Rund zwei Dutzend deutsche und französische Polizeibeamte nahmen am Mittwochmorgen mit Hilfe von Leichenspürhunden die Suche nach dem Leichnam wieder auf. Techniker der Polizei mussten dabei für die Spürhunde erneut Löcher in den noch gefrorenen Sand bohren. Seit Freitag war die Suche wegen der widrigen Witterungsbedingungen ergebnislos verlaufen.
Polizei bittet um Mithilfe bei Aufklärung
Die Sexualverbrechen wurden möglicherweise auch fotografiert oder gefilmt. Bei der Durchsuchung der Wohnungen der Tatverdächtigen habe man aber kein Bildmaterial gefunden, berichteten die Ermittler. Möglicherweise seien aber Beweismittel beseitigt worden, nachdem die Kinderschänder mit ihrer Entdeckung rechnen mussten. Die Polizei richtete ein Hinweis-Telefon und ein Postfach ein und rief Personen auf, kinderpornografische Fotos, Videos oder Bilddateien der Sonderkommission zur Verfügung zu stellen:
Postfach "Pascal"
Postfach 10 17 55
66017 Saarbrücken.
Telefon: 0681 / 962-4646.