Mauretanien Käse vom Kamel

Einen Markt dafür gab es in Mauretanien nicht. Doch der Gedanke ließ Nancy Abeiderrahmane nicht los: Sie wollte Kamelkäse herstellen. Jetzt bemüht sich die gebürtige Britin um den Export der Delikatesse - und verzweifelt an den Importvorschriften.

Wenn es nach Nancy Abeiderrahmane geht, sollte in den Regalen der Feinkostgeschäfte neben Kuhmilch-, Ziegen- und Schafskäse künftig ein exotisches Produkt aus Mauretanien liegen: Kamelkäse. Die gebürtige Britin bemüht sich seit Jahren um den Export der Delikatesse, die sie selbst herstellt. Aber die Auflagen für Lieferungen in die Europäische Union oder die USA sind hoch. Bislang zu hoch. Für die armen Kamelhirten in der Sahara wäre der Käseverkauf jedoch eine wichtige Einnahmequelle.

"Wenn die Europäer diesen Käse kaufen, wird unsere Milchproduktion in die Höhe schnellen", sagt Tati Ould Mohamed, während er zusieht, wie sich ein orangefarbener Kübel mit Milch füllt. "Aber das Produkt kann nicht in Übersee verkauft werden. Und das bereitet Probleme." Mohamed ist einer von 1.000 Hirten, die die Milch an Tiviski SARL liefern. Das Unternehmen gilt hier zu Lande als die einzige Kamelkäsefabrik der Welt. Gegründet wurde es von Nancy Abeiderrahmane.

"Kamelmilch ist exquisit"

Als Abeiderrahmane 1970 nach Mauretanien zog, lebten viele der 2,9 Millionen Einwohner als Hirten, konsumierten aber in erster Linie importierte Milch. Abeiderrahmane hielt das für absurd. "Sie hatten alle diese Milchtiere und importierten H-Milch." Sie selbst habe frische Milch vermisst, sagt Abeiderrahmane. "Und ich liebe Kamelmilch. Sie ist exquisit."

1987 gründete die Britin schließlich ihre Firma. Es begann mit abgepackter Kamelmilch und ging weiter mit Joghurt und Creme fraiche. Doch ein Gedanke ließ die Unternehmerin nicht los: Sie wollte Kamelkäse herstellen. Das war allerdings nicht so einfach, weil Kamelmilch nicht auf natürlichem Wege gerinnt. Zusammen mit einem französischen Wissenschaftler entwickelte Abeiderrahmane 1994 ein erfolgreiches Verfahren, um den Käse zu produzieren.

Einen Markt dafür gab es in Mauretanien aber nicht. "Die Mauretanier essen keinen Käse, weil sie ihn nicht kennen und den Geschmack nicht mögen", sagt Abeiderrahmane. "Also haben wir diesen wunderbaren Käse in seiner edlen Verpackung für den europäischen Markt gemacht."

EU-Bürokraten und die Importvorschriften

Mit einer vagen Vorstellung von internationalen Handelsbeschränkungen reiste Abeiderrahmane nach Europa. Bei potenziellen Abnehmern wie Harrods in London oder Fauchon in Paris stieß sie nach eigenen Angaben auf Interesse. Doch EU-Bürokraten in Brüssel machten ihr klar, dass der Käse nicht den Importvorschriften entspreche. "Sie wollten uns zwar helfen, aber die Bürokratie ist riesig", sagt Abeiderrahmane. "Zuerst sagten sie, es sei keine Milch, weil sie nicht von Kühen, Schafen, Ziegen oder Büffeln stamme, wie in den EU-Regeln definiert."

Diese erste Hürde konnte Abeiderrahmane überwinden, andere, größere Hindernisse blieben bestehen: Mauretanien muss nachweisen, dass es die Maul- und Klauenseuche ausgerottet hat. Außerdem fehlen dem Land Prüfstellen, die bescheinigen, dass der Kamelkäse zum Verzehr geeignet und gesundheitlich unbedenklich ist. Bis zur Verwirklichung ihres Traums könnte es noch "sieben, acht oder neun Jahre" dauern, fürchtet Abeiderrahmane.

Ein französischer Gastronom in der mauretanischen Hauptstadt Nouakchott ist überzeugt, dass es in Übersee einen Markt für den Kamelkäse gibt, der im Geschmack an Ziegenkäse, im Aussehen eher an Camembert oder Brie erinnert. Schließlich könne dieser Käse mit jedem guten Rotwein mithalten, sagt Patrick Peri, Inhaber des Restaurants Le Mediterraneen. "Ich bin sicher, dass man ihn in Frankreich in Feinkostläden in kleinen Städten verkaufen kann." Peri serviert den Kamelkäse gebacken mit frischen Kräutern.

Hoffnung auf Export

Wenn der Käse exportiert werden dürfte, könnte die Produktion auf mehr als 280 Kilogramm täglich steigen, schätzt Abeiderrahmane. Für Hirten wie Mohamed wäre das großartig. Wie viele andere Herden ist auch seine in Folge der Trockenheit stark geschrumpft, im vergangenen Jahr verlor er 150 Tiere. Mit höheren Einnahmen aus dem Milchverkauf könnte er seine Kamele impfen und die Herde wieder aufpäppeln, sagt er.

Der Export von Käse wäre gut für das Land, sagt Abeiderrahmane. "Ich nehme niemandem etwas weg - außer vielleicht den Baby-Kamelen ein bisschen Milch."

DPA
Edward Harris

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