Attentat auf Boston-Marathon Die lange Suche nach den Geschworenen ist beendet

Die Geschworenen sind ausgewählt, diese Woche beginnt der Prozess gegen den mutmaßlichen Attentäter vom Boston-Marathon. Ihm droht die Todesstrafe, obwohl sie in Massachusetts lange abgeschafft ist.

Nach einer öffentlichen Anhörung und der Bestimmung der Geschworenen Anfang der Woche beginnt am Mittwoch den 4. März der eigentliche Prozess gegen den mutmaßlichen Attentäter auf den Boston-Marathon, Dschochar Zarnajew. Vorausgegangen war eine lange, schwierige Auswahl der Juroren, die auch durch die jüngsten Schneestürme in den USA verzögert wurde.

Der Prozess, der mit den Eröffnungsplädoyers beginnt, könnte drei bis vier Monate dauern. Die Anklage wirft dem 21-jährigen Zarnajew vor, am 15. April 2013 mit seinem älteren Bruder Tamerlan auf der Zielgeraden des berühmten Marathons in der US-Ostküstenstadt zwei Bomben gezündet zu haben. Bei dem schwersten Terroranschlag in den USA seit dem 11. September 2001 waren drei Zuschauer getötet und 260 verletzt worden. Dutzende Menschen verloren Gliedmaßen. Zarnajew muss sich zudem wegen Mordes an einem Polizisten während seiner anschließenden Flucht verantworten. Währende der Zarnajews 26 Jahre alter Bruder erschossen wurde.

Zwar hat der US-Bundesstaat Massachusetts mit Boston als Hauptstadt die Todesstrafe in den 1980er Jahren abgeschafft. Doch da Zarnajew sich in einem Bundesverfahren verantworten muss, und das Bundesrecht die Todesstrafe erlaubt, droht ihm bei einer Verurteilung eben diese.

Fairer Prozess in Boston möglich?

Eigentlich hätte die Hauptverhandlung schon Ende Januar beginnen sollen. Doch Zarnajews Anwälte versuchten, den Prozess an einen anderen Ort zu verlegen und die Auswahl der Geschworenen zu unterbrechen. Sie stützten sich auf Fragebögen von potenziellen Juroren. Daraus gehe hervor, dass Zarnajew in Boston kein fairer Prozess gemacht werden könne: Geschworene und Medien aus der Gegend seien wegen der Nähe zu dem Anschlag nicht neutral.

Mit Sorge hatten die Verteidiger zudem die Anschläge auf das französische Satiremagazin "Charlie Hebdo" Anfang Januar verfolgt. Ihrer Meinung nach gab es zu viele Ähnlichkeiten zwischen dem Fall ihres Mandanten und jenen Attentaten im Tausende Kilometer entfernten Paris: Beide Verbrechen wurden von einem Bruderpaar verübt.

Vor diesem Hintergrund noch unabhängige Geschworene zu finden, erschien den Verteidigern Zarnajews offenbar so schwer, dass sie eine Verschiebung des Bostoner Prozesses forderten. Doch der zuständige Richter George O'Toole lehnte den Antrag ab: Er sei zuversichtlich, dass eine unvoreingenommene und gerechte Jury gefunden werden könne.

Parallelen zu Paris

Tatsächlich könnte entscheidend sein, ob die zwölf Geschworenen eine Verbindung zum Pariser Anschlag herstellen. Es wird erwartet, dass die Anwälte Zarnajews ihren Mandanten als einen Täter darzustellen versuchen werden, der unabhängig von einer global aktiven Terrorgruppe agierte - manipuliert aber von seinem älteren Bruder, der sich vor der Tat zu einem radikalen Muslim entwickelt hatte.

Schließlich deuten Zarnajews Schullaufbahn und seine Beliebtheit bei Gleichaltrigen aus Verteidigersicht darauf hin, dass er durchaus integriert war in jene Gesellschaft, die er im April 2013 mit seinem Bruder zur Zielscheibe erklärte. Dennoch könnten die Geschworenen nach den Anschlägen von Paris zu dem Eindruck gelangen, dass Zarnajew Teil eines Extremisten-Netzwerkes war.

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Emoke Bebiak, DPA

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