Der erste Verdächtige im Fall der in Portugal verschwundenen Madeleine hat jede Schuld von sich gewiesen. "Ich bin zum Sündenbock für etwas gemacht worden, das ich nicht getan habe", sagte der 33 Jahre alte Brite in der Nacht zum Mittwoch. Die Anschuldigungen hätten sein Leben und das seiner Familie "ruiniert". "Ich werde das nur überleben, wenn sie Madeleines Entführer erwischen." Er war zuvor Stunden lang verhört und als erster offizieller Verdächtiger benannt, jedoch nicht festgenommen worden.
Spurlos aus Zimmer verschwunden
Die vier Jahre alte Madeleine war am 3. Mai in einer Ferienanlage in Praia da Luz an der portugiesischen Algarve-Küste verschwunden. Seitdem fehlt jede Spur von ihr. Die Eltern hatten ihre drei Kinder - Madeleine und ihre beiden zweijährigen Geschwister - schlafend im Appartement zurückgelassen, während sie rund 50 Meter entfernt in der Ferienanlage zu Abend aßen. Die Polizei geht von einer Entführung aus und schließt nicht aus, dass Madeleine ins Ausland verschleppt wurde.
Die Kriminalpolizei teilte mit, dass gegen den 33-jährigen Robert Murat Anhaltspunkte für eine Verwicklung in die Entführung des britischen Mädchens vorlägen. Es gebe jedoch nicht genug Hinweise, um ihn zu verhaften oder festzunehmen. Der Mann muss sich regelmäßig bei der Polizei melden. Die Ermittler wollten am Mittwoch Material untersuchen, das sie bei der Durchsuchung des Hauses, in dem er wohnte, sichergestellt hatte.
Zum Tatzeitpunkt mit Mutter gegessen
Die Polizei durchsuchte auch Murats Haus, das nur sich nur 100 Meter entfernt von dem Bungalow entfernt liegt, aus dem Madeleine vor 13 Tagen verschwand. Hinweise auf den Briten hatte eine britische Journalisten geliefert, der das Interesse des Mannes an den Ermittlungen aufgefallen war. Angehörige Murats erklärten, er habe zum Zeitpunkt von Madeleines Verschwinden mit seiner Mutter zu Abend gegessen. Dem Sender Sky News sagte er nach einem Bericht der Nachrichtenagentur PA, er sei an dem Abend um 19.00 Uhr nach Hause gekommen und habe von der Suche nach dem Mädchen erst am nächsten Morgen erfahren.
Wie die Zeitung "Diàrio de Notícias" berichtete, gehen die Ermittler davon aus, dass das Kind noch am Leben ist und in einem Versteck gefangen gehalten wird. Die Fahnder gingen deshalb äußerst behutsam vor, um das Leben des Mädchens nicht zu gefährden. Chefermittler Olegàrio Sousa sagte, die Polizei habe "sichere Anhaltspunkte" dafür, was mit ihm geschehen sei.
Gewalt-Pornos auf dem Computer
Der in Portugal aufgewachsene Brite und seine Mutter (71), die seit mehr als vier Jahrzehnten in Praia da Luz lebt, hatten sich gleich nach dem Verschwinden Madeleines als freiwillige Helfer und Dolmetscher angeboten. Die Villa der Mutter war durchsucht worden, Computer und Mobiltelefone wurden sichergestellt. Der 33-Jährige gab an, zur Zeit der Entführung mit seiner Mutter gegessen zu haben.
Da die Polizei äußerst verschwiegen ist, wird in den Medien viel spekuliert. Das "Jornal de Notícias" schrieb, die Ermittler hätten im Computer des Verdächtigen pornografisches Material mit Aufnahmen gewaltsamer Sexszenen gefunden. Die Zeitung "Correio da Manhã" will erfahren haben, dass die Polizei nach einem Russen fahnde, der zum Bekanntenkreis des Verdächtigen gehört habe und wegen Sexualvergehen vorbestraft sei.
Nach britischen Medienberichten handelt es sich bei den beiden anderen von der Polizei befragten Zeugen um die deutsche Geliebte des 33-Jährigen und ihren Mann. Alle kamen wieder auf freien Fuß. Wie der "Daily Mirror" schreibt, könnte es sich bei allen drei um jene Personen handeln, die nach der Entführung von einer Videokamera an einer Tankstelle aufgenommen wurden.