Was ihn getrieben hat, konnte der Angeklagte vor Gericht selber nicht erklären. "Ich wollte selber alles aufklären", sagte der 40-Jährige laut "Heidenheimer Zeitung", "habe mich reingesteigert, total verrannt." Er hat im Fall der entführten und ermordeten Bankiersfrau Maria Bögerl die Ermittler immer wieder auf falsche Fährten gelockt und dafür auch noch Geld kassiert.
Am 12. Mai 2010 wurde Maria Bögerl, die Frau des Heidenheimer Sparkassenchefs, entführt. Ihr Mann hinterlegte das von den Kidnappern geforderte Lösegeld, aber sie holten es nicht ab. Der Kontakt zu den Entführern riss ab, von Maria Bögerl fehlte jede Spur. Zwei Tage nach ihrem Verschwinden wurden Bögerls Auto und Mobiltelefon entdeckt. Ein verzweifelter Appell der Familie in der ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY ungelöst" an die Täter blieb ohne Wirkung.
Am 3. Juni 2010 entdeckte ein Spaziergänger die Leiche von Maria Bögerl an einem Waldrand nur wenige Kilometer vom Haus der Familie entfernt. Doch die Ermittlungen blieben ohne Erfolg. Im September 2012 wandten sich die Ermittler der Sonderkommission "Flagge" daher erneut via "Aktenzeichen XY" an die Bevölkerung. Mehr als 500 Zuschauer meldeten sich - darunter laut "Heidenheimer Zeitung" auch der Mann, der sich nun vor dem Amtsgericht Heidenheim verantworten musste.
Verdächtiges Gespräch im Spielcasino
Er will in einem Spielcasino in der Nähe von Heidenheim ein Gespräch zweier Rumänen belauscht haben: "Hast du die Sachen von der Frau Bögerl entsorgt?" ist einer der Sätze, die gefallen sein sollen. Tagelang soll der Mann daraufhin sich in Spielcasinos der Umgebung herumgetrieben haben auf der Suche nach diesen beiden Männern - ohne Erfolg. Als er am 9. September 2012 "Aktenzeichen XY ungelöst" sah, nutzte er ein System für anonyme Hinweisgeber, um mit den Ermittlern in Kontakt zu treten. Unter dem Namen "Tom" gab er laut Zeitungsbericht immer wieder vor, konkrete Erkenntnisse und sogar Beweismittel im Fall Bögerl zu haben. Tatsächlich wurden die Ermittler unter dem Druck, neue Spuren und Ergebnisse zu liefern, auf ihn aufmerksam.
Die Ermittler drängten auf konkrete Erkenntnisse, "Tom" erfand eine zweite Identität namens Josef. Immer mehr verstrickte sich der Mann in sein Verwirrspiel, bot schließlich laut "Heidenheimer Zeitung" sogar Beweismittel zum Kauf an. Die Ermittler wurden immer misstrauischer. Im April 2013 flog der Betrug schließlich auf. Außer Nerven und Arbeit kostete der Mann die Sonderkommission laut Bericht 77 Dienstfahrten zu Treffen nach Heidenheim mit insgesamt 13.000 Kilometern. "Da ist viel Manpower gebunden worden", beklagte laut "Heidenheimer Zeitung" bei der Gerichtsverhandlung der Vertreter der Ellwanger Staatsanwaltschaft.
Lange Haftstrafe für "Tom"
Vielleicht findet "Tom" ja doch noch eine Erklärung für sein Handeln. Zeit zum Nachdenken hat er jedenfalls jetzt. Das Amtsgericht Heidenheim verurteilte ihn zu drei Jahren Gefängnis. Die Staatsanwaltschaft hatte laut SWR vor dem Urteil sogar dreieinhalb Jahre Haft gefordert - und nun Berufung eingelegt.