Auch bei den Wiener Sängerknaben soll es laut einem Pressebericht in den zurückliegenden Jahren zu sexuellen Übergriffen und Gewalt gegen Chormitglieder gekommen sein. Die österreichische Tageszeitung "Standard" berichtet in ihrer Freitagausgabe von entsprechenden Vorwürfen zweier Ex-Sängerknaben aus Deutschland, wie die Nachrichtenagentur APA am Donnerstag meldete. Bei den Sängerknaben äußerte man sich den Angaben zufolge nicht konkret zu den Vorwürfen, kündigte aber eine Prüfung der betreffenden Akten im Archiv an.
Die zwei ehemaligen Chormitglieder berichteten laut "Standard" von einer "Terror- und Angstatmosphäre", die allen bekanntgewesen sei. Bei einem von ihnen handelt es sich dem Blatt zufolge um einen heute 33-jährigen Berliner Chirurgen und Orthopäden, der von 1985 bis 1987 dem Wiener Knabenchor angehörte. Er habe von Duschritualen unter Anwesenheit der Präfekten genannten Erzieher berichtet. Diese hätten nackten Schülern laut Tipps gegeben, sie die Genitalien zu waschen. Auch sei er selbst von einem älteren Schüler als Neunjähriger während einer US-Tournee aufs Zimmer genommen worden und dort zu oralem Sex gezwungen worden, zitierte APA aus einer Vorabmeldung des "Standards".
Bei dem zweiten früheren Chormitglied handelt es sich um einen heute 51-jährigen Münchner Psychologen, der von 1966 bis 1970 in dem Chor sang. Er sagte laut "Standard" unter anderem, dass ihm damals ein Kapellmeister im Bus auf einer Deutschlandtournee eine Stunde lang die Hand auf den Oberschenkel gelegt habe. Auf einer US-Tournee habe ein Präfekt einem Schüler, der nichts essen wollte, im Bus mit Gewalt den Mund aufgerissen und Essen hineingestopft.
Auch immer mehr Missbrauchsfälle von Kindern durch katholische Priester kommen in Österreich ans Licht der Öffentlichkeit. Nach schweren Anschuldigungen wurden am Donnerstag drei Patres des Stiftes Kremsmünster ihrer Ämter enthoben, wie APA berichtete. Ein 75 Jahre alter Mönch habe eine ihm vorgeworfene Tat mittlerweile zugeben, sagte Abt Ambros Ebhart in einer eilig einberufenen Pressekonferenz. Auch in anderen Teilen des Landes meldeten sich weitere mutmaßliche Opfer von Gewalt und sexuellen Übergriffen.
Ein ehemaliger Schüler, dessen Alter mit knapp über 40 Jahren angegeben wird, hatte den Skandal an dem Benediktinerkloster ins Rollen gebracht. Der Ex-Zögling sagte den "Oberösterreichischen Nachrichten" laut APA, der Missbrauch habe in den 1980er Jahren in einem zur Abtei gehörenden Internat stattgefunden. Abt Ebhart erklärte, insgesamt fünf Personen hätten sich darauf bei der Klosterleitung gemeldet und die Vorwürfe bestätigt.