Paralympicstar vor Gericht Die drei Schlüsselfragen im Pistorius-Prozess

Am Montag beginnt der Prozess gegen Paralympicstar Oscar Pistorius, der seine Freundin Reeva Steenkamp getötet hat. War es Mord oder ein tragisches Versehen? Einiges in der Tatnacht gibt Rätsel auf.

Er feuerte durch die Badezimmertür, seine Freundin überlebte die Schüsse nicht: Der südafrikanische Sprintstar Oscar Pistorius steht ab kommenden Montag wegen der Tötung seiner Freundin Reeva Steenkamp vor Gericht. Während die Staatsanwaltschaft von vorsätzlichem Mord ausgeht, spricht die Verteidigung von einem tragischen Irrtum: Pistorius will Steenkamp für einen Einbrecher gehalten haben. In dem Prozess wird es voraussichtlich um drei zentrale Fragen gehen.

Gab es in der Tatnacht Streit?

In einer eidesstattlichen Erklärung betonte Pistorius, beide hätten am Valentinstag vergangenen Jahres einen ruhigen Abend zu Hause verbracht. Nach dem gemeinsamen Abendessen habe er ferngesehen, während Steenkamp Yogaübungen gemacht habe, dann seien beide eingeschlafen. Die Staatsanwaltschaft wird dies infrage stellen. Nachbarn sagten aus, sie hätten lautes Rufen und Schreie aus dem Haus des Paares gehört.

Auch die Mobilfunkdaten von Pistorius und Steenkamp könnten Indizien für eine Auseinandersetzung liefern. Steenkamp soll ihr Handy mit auf die Toilette genommen haben, als sie getötet wurde. Unklar ist, ob sie von dort aus jemanden anrief.

Die Behörden haben versucht, an die Daten von Pistorius iPhone zu kommen. Er besteht darauf, er habe ihnen das korrekte Passwort gegeben, doch es funktionierte nicht. Es stellt sich die Frage, ob das Mobiltelefon Indizien für einen Streit liefern könnte, etwa in Form von Textnachrichten. Sollte das Paar bereits tagsüber eine Auseinandersetzung gehabt haben, würde dies Pistorius Darstellung der Ereignisse widersprechen und der Staatsanwaltschaft ein Motiv für vorsätzlichen Mord liefern.

Warum rief Pistorius nicht die Polizei?

Nach eigener Darstellung wählte Pistorius zwei Nummern, als er erkannte, dass er auf Steenkamp geschossen hatte: Die von Johan Stander von der Verwaltung des streng bewachten Wohnkomplexes, in dem sein Haus steht, außerdem die des privaten Gesundheitsdienstes Netcare. Die Anklage wird vermutlich Pistorius' Beziehung zu Stander untersuchen. Außerdem wird zu klären sein, warum Pistorius angeblich Sicherheitsleute abwimmelte, die nach den Schüssen bei ihm klingelten. Demnach schickte er sie weg und gab an, es sei alles in Ordnung. Die Staatsanwaltschaft könnte versuchen nachzuweisen, dass Pistorius Steenkamp tötete und dann versuchte, Beweise zu vertuschen.

Hat die Polizei am Tatort Spuren verwischt?

In der Kautionsverhandlung räumte der damalige leitende Ermittler Hilton Botha Pannen bei der Spurensicherung ein. Demnach betrat er Pistorius' Haus ohne entsprechende Schutzschuhe, außerdem ging Munition vom Tatort verloren. In dem Fall, in dem der Angeklagte gleichzeitig der einzige Zeuge ist, werden forensische Indizien und Beweismittel vermutlich eine Schlüsselrolle spielen. Die nachlässige Untersuchung des Tatorts könnte die Zuverlässigkeit dieser Indizien infrage stellen. Vertreter der Anklage räumten bereits ein, dass Pistorius von der Badezimmertür vermutlich weiter entfernt war als zunächst angenommen, und dass er seine Beinprothesen womöglich doch nicht getragen hat. Beides führte die Staatsanwaltschaft zunächst als Indizien dafür an, dass Pistorius nicht in Panik handelte, sondern vorsätzlich.

AFP
fme/AFP

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