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Südafrikanischer Sprintstar Mord an Freundin: Komm Oscar Pistorius aus dem Gefängnis frei? Gestanden hat er die Tat nie

Ein Bild von Reeva Steenkamp und Oscar Pistorius aus dem November 2012
Ein Bild von Reeva Steenkamp und Oscar Pistorius aus dem November 2012. Drei Monate später wird der beinamputierte Sprintstar seine Freundin in einem Anfall eifersüchtiger Raserei mit drei Schüssen töten.
© Lucky Nxumalo / AFP
In Südafrika berät eine Kommission darüber, ob der frühere Sprintstar Oscar Pistorius vorzeitig unter Auflagen entlassen wird. Pistorius war 2017 nach drei aufsehenerregenden Prozessen wegen Mordes an seiner Freundin Reeva Steenkamp verurteilt worden.

Er war ein international bekannter Sportstar, doch vor zehn Jahren nahm das Leben des beinamputierten südafrikanischen Sprinters Oscar Pistorius eine dramatische Wende. In der Nacht zum Valentinstag erschoss er seine Freundin Reeva Steenkamp in seinem Haus durch die Badezimmertür und wurde schließlich wegen Mordes verurteilt. Nachdem er nun etwa die Hälfte seiner Gefängnisstrafe abgesessen hat, berät am Freitag eine Kommission darüber, den heute 36-Jährigen unter Auflagen freizulassen.

Der Kommission, die in Pretoria zusammentritt, gehören Vertreter von Strafvollzugsbehörden und Polizei sowie einfache Bürger an. Ihre Entscheidung über eine vorzeitige Haftentlassung dürfte sie nach einigen Tagen der Beratung verkünden. 

Das südafrikanische Gesetz sieht vor, dass ein Verurteilter Straferleichterung beantragen kann, wenn er die Hälfte seiner Strafe abgesessen hat. Pistorius war im November 2017 in einem Berufungsprozess zu 13 Jahren und fünf Monaten Haft verurteilt worden.

Aufwändige Untersuchung zum Straferlass

Nun geht es um die Frage, "ob das Ziel der Inhaftierung erreicht wurde", sagte der Sprecher der Strafvollzugsbehörden, Singabakho Nxumalo, der Nachrichtenagentur AFP. Die Kommission nimmt dazu außer dem körperlichen und mentalen Zustand von Pistorius auch sein Risiko, erneut straffällig zu werden, unter die Lupe. 

Die aufwändige Untersuchung wurde bereits vor mehr als einem Jahr eingeleitet. Dazu gehörte auch ein Treffen von Pistorius mit Steenkamps Eltern. Diese äußerten sich damals erschüttert über die Vorstellung, dass der Mörder ihrer Tochter vorzeitig freikommen könnte.

Die Tat in der Nacht vom 13. auf den 14. Februar 2013 hatte landesweit für Entsetzen und international für Schlagzeilen gesorgt. Pistorius hielt sich in der Nacht mit seiner Freundin, dem 29 Jahre alten Model Reeva Steenkamp, in seinem stark gesicherten Anwesen in Pretoria auf. Nach eigener Aussage hatte er geglaubt, dass ein Einbrecher im Haus sei. Er schoss vier Mal durch die Badezimmertür, Steenkamp wurde von drei Kugeln getroffen und starb.

Staatsanwaltschaft legt zwei Mal Berufung ein

Der wegen seiner Unterschenkelprothesen damals als "Blade Runner" bekannte Sportler wurde am frühen Morgen festgenommen. Später wurde er wegen fahrlässiger Tötung angeklagt und 2014 zu fünf Jahren Haft verurteilt. in dem ersten Prozess übergab er sich mehrmals im Gerichtsaal, als ein Pathologe die Verletzungen seiner Freundin detailreich schilderte. Bei der Urteilsverkündung brach er in Tränen aus.

Die Staatsanwaltschaft legte Berufung ein und klagte ihn wegen Mordes an. Schließlich wurde Pistorius 2016 zu sechs Jahren Haft verurteilt. Eigentlich wird Mord in Südafrika mit mindestens 15 Jahren Haft bestraft, nur unter außergewöhnlichen Umständen sind geringere Strafen möglich.

Die Staatsanwaltschaft fand die Strafe viel zu milde und ging erneut in Berufung. 2017 wurde Pistorius schließlich zu den 13 Jahren und fünf Monaten Haft verurteilt, die er in einem Gefängnis in der Nähe von Pretoria verbüßt. Laut Anklägern habe Pistorius seine Freundin mit Absicht durch die Badezimmertür erschossen. Die Ermittlungen legten nahe, dass sich Steenkamp vor der Raserei ihres Freundes in das Badezimmer geflüchtet hatte. Mehrere Zeugen berichteten von Schreien der Frau in der Mordnacht.

Düsteres Charakterbild von Oscar Pistorius gezeichnet

In den Prozessen wurde zudem ein Charakterbild des Angeklagten gezeichnet, das seine Ausreden mehr als unglaubwürdig erscheinen ließ. So galt Pistorius als schießwütiger Choleriker. Zeugen sagten aus, dass sich Steenkamp und Pistorius häufig gestritten hätten. Er wurde in einem weiteren Verfahren (es gab gleich mehrere) verurteilt, weil er aus einem Auto Schüsse abgegeben hatte. Gestanden hat er die Tat nie und hält an der Einbrecher-Version fest.

Pistorius war damit am Ende. Der sechsfache Paralympics-Sieger, der Sportgeschichte geschrieben hatte, als er sich bei den Olympischen Spielen 2012 in London beim 400-Meter-Lauf mit nicht-behinderten Sportlern maß, verlor wegen des Mordverfahrens seine Sponsoren. Er ging bankrott und musste sein Haus verkaufen, um seine Anwälte bezahlen zu können. 

Steenkamps Eltern finden Pistorius' Bestrafung nur gerecht. Nach der deutlichen Verlängerung der Haftzeit in dem zweiten Berufungsurteil könne ihre Tochter nun "endlich in Frieden ruhen", erklärten sie damals.

Steenkamps Mutter June Steenkamp wird am Freitag bei der Anhörung dabei sein, wie ihre Anwältin Tania Koen ankündigte. Ihr Mann Barry Steenkamp kommt aus gesundheitlichen Gründen nicht, aber das Paar wird bei der Kommission seine Sicht des Falls Pistorius schriftlich einreichen. Es wird vermutlich darauf hinweisen, dass Pistorius bis heute an seiner Tatversion festhalte, er habe auf vermutete Einbrecher geschossen, "Danach nimmt das Gesetz seinen Lauf", erklärte Koen gegenüber AFP. 

Sollte Pistorius' Antrag auf vorzeitige Haftentlassung abgelehnt werden, kann er eine erneute Prüfung seines Anliegens beantragen.

tis / Von Claire Doyen AFP

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