Beim Prozess gegen den Massenmörder Anders Behring Breivik ist die entscheidende Phase zur Klärung seiner Zurechnungsfähigkeit eröffnet. Am Donnerstag verteidigten die Rechtspsychiater Torgeir Husby und Synne Sørheim vor dem Osloer Gericht ihre Einstufung des rechtsradikalen Islamhassers als psychotisch sowie paranoid schizophren und damit nicht schuldfähig.
Breivik hatte am 22. Juli 2011 bei zwei Anschlägen 77 Menschen getötet und seine Tat als Aktion gegen eine drohende "islamische Unterwanderung" Norwegens begründet. Husby stufte den 33-Jährigen als größenwahnsinnig und komplett realitätsfern ein. Über Breiviks 1500 Seiten umfassendes "Manifest" zur Begründung seines Verbrechens sagte er bei der live im Fernsehen übertragenen Aussage: "Er kann selbst nicht erkennen, wie infantil Teile davon sind."
Bis Anfang nächster Woche sollen zwei weitere Rechtspsychiater in den Zeugenstand treten, die zum genau entgegengesetzten Ergebnis gekommen sind. In einem zweiten vom Gericht eingeholten Gutachten hatten sie Breivik als voll schuldfähig eingestuft. Das erste Gutachten wurde in der Öffentlichkeit massiv kritisiert, weil Husby und Sørheim darin Breiviks politischen und ideologischen Hintergrund so gut wie komplett ausgeblendet hatten. Husby nannte die Kritiker "verblendet".
Während Sørheim aus Gesprächen mit dem geständigen, aber nicht reuigen Attentäter zitierte, reagierte Breivik immer wieder mit sarkastischem Lächeln oder Kopfschütteln. Er hatte zuvor erklärt, dass "80 Prozent des Gutachtens" erfunden seien. Der Massenmörder selbst will vom Gericht als voll schuldfähig eingestuft werden. Nach den Schlussplädoyers bis zum 22. Juni wird die Urteilsverkündung im Juli oder August erwartet.