Spritzen-Skandal 1800 Patienten müssen zum Aids-Test

Infektionsgefahr für mehr als 1800 Patienten einer Arztpraxis im baden-württembergischen Bad Saulgau: Nach Behandlungen mit offenbar verunreinigten Spritzen müssen sie sich auf das Aids-Virus sowie auf Hepatitis B und C testen lassen. Gegen die Ärztin wurde bereits Anklage erhoben.

Schock für über 1800 Patienten in Oberschwaben: Sie könnten sich mit Aids- oder Hepatitisviren angesteckt haben, weil ihre Ärztin verunreinigtes medizinisches Gerät benutzt haben soll. Das Gesundheitsamt hat die Patienten in Briefen aufgefordert, sich testen zu lassen, wie das Sigmaringer Landratsamt am Freitag mitteilte. Dabei gehe es vorwiegend um Kranke, denen zwischen Januar 2005 und Oktober 2007 bei der Medizinerin in Bad Saulgau (Baden-Württemberg) Blut entnommen wurde oder die Injektionen sowie Fusionen erhalten haben. Arzthelferinnen hatten die Behörden alarmiert und unter anderem berichtet, dass die 56-jährige Hals-Nasen-Ohren-Ärztin Spritzen mehrfach verwendete.

Die 56-jährige Medizinerin muss sich vom 19. November an vor dem Landgericht Ravensburg wegen Verstößen gegen das Arzneimittelgesetz und Körperverletzung verantworten. Ihr drohten eine "empfindliche Freiheitsstrafe" und ein Berufsverbot, sagte Karl-Josef Diehl, Sprecher der Ravensburger Staatsanwaltschaft. Diehl sprach von "unhaltbaren hygienischen Zuständen" in der Facharztpraxis. Auf die Frage, ob sich Patienten mit unheilbaren Krankheiten angesteckt haben könnten, sagte er: "Die Gefahr besteht natürlich, insbesondere bei der mehrfachen Verwendung von Einwegspritzen, bei der mehrfachen Verwendung des Inhalationsgeräts und der Infusionsbestecke."

Das Landratsamt hat nach eigenen Angaben bisher keine Anhaltspunkte für einen Anstieg von ansteckenden Infektionskrankheiten in der Region. Das Ravensburger Landgericht teilte mit, die Zahl der nicht ordnungsgemäßen Behandlungen belaufe sich auf insgesamt 2282. Die Ärztin habe sich bisher nicht zu den Vorwürfen geäußert.

Nach Darstellung des Landratsamtes war die Praxis nach ersten Vorwürfen einer ehemaligen Arzthelferin bereits im Mai 2007 kontrolliert worden. Dabei seien "hygienische Missstände" festgestellt worden, insbesondere der Vorwurf, die Medizinerin verwende Spritzen mehrfach, habe sich aber nicht bestätigen lassen. Der Praxis sei ein Hygieneplan verordnet worden. Im März 2008 habe eine weitere Arzthelferin jedoch fast die gleichen Vorwürfe geäußert. Die Ravensburger Staatsanwaltschaft ermittelte und erhob im Juli Anklage gegen die Ärztin. Nach Sichtung der Praxisunterlagen schrieb das Gesundheitsamt am 20. Oktober gefährdete Patienten an.

DPA
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