Das Asservat Der Hammer

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  • von Anaïs Kaluza
Ein Vorschlaghammer und eine Kennzeichnung der Polizei auf einem Teppich
Dieses Werkzeug wurde nur einmal benutzt
© Manhattan D.A.
Ein Trennungsstreit unter Psychiatern, ein junger Mann, der alles glaubt – und eine Tatwaffe frisch aus dem Baumarkt

Sie weiß, dass reden hilft, sie ist Psychiaterin. Sie könnte ihren Ex-Freund anrufen und sagen: „Ich hasse dich, aber wir müssen uns zusammenraufen, wir haben einen Sohn.“ Doch sie will nicht reden. Sie hasst ihren Ex-Freund so sehr.

An einem Montagmorgen im November 2012 setzt sich dieser Ex-Freund auf einen Stuhl in seiner Praxis. Er heißt Michael Weiss und ist 38 Jahre alt, auch er arbeitet als Psychiater. Seine Praxis liegt im zwölften Stock eines Backsteinhauses in Manhattan, fünf Minuten entfernt vom Central Park. Gerade hat er den gemeinsamen Sohn zur Kita gebracht, nun behandelt er seinen ersten Patienten.

Mitten in der Sitzung schwingt die Tür auf. Ein junger Mann stürmt ins Therapiezimmer, in einem strahlend weißen Hemd, über der Schulter trägt er einen riesigen, schwarzen Seesack. Weiss kennt ihn: Es ist Jacob Nolan, der 20-jährige Cousin seiner Ex-Freundin. Er drängt Nolan in den Hausflur hinaus, sagt: „Du kannst hier nicht einfach so reinplatzen“, und schließt die Tür.

Als er seinen Patienten verabschiedet, ist Nolan immer noch da. Er drückt sich im Treppenhaus herum und sagt, er solle Unterlagen für seine Cousine abholen, außerdem müsse er dringend auf die Toilette. Michael Weiss lässt ihn hinein.

Erschienen in stern Crime 53/2024