Gut zwei Jahre nach den Enthüllungen der Zustände in einem Tierversuchslabor bei Hamburg hat das Amtsgericht im niedersächsischen Tostedt einen Strafbefehl gegen einen früheren Beschäftigten des Betreiberunternehmens LPT verhängt.
Der 53-jährige ehemalige LPT-Tierpfleger muss eine Geldstrafe von 900 Euro zahlen. Das sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Stade dem stern.
Zwei Fälle von Tierquälereien im LPT-Labor
Videoaufnahmen haben den Angaben zufolge belegt, dass der Mann im Jahr 2019 in zwei Fällen Tierquälerei begangen hat. In einem Fall hat er einen Affen durch Schläge "in intensiver Weise erschreckt", indem er gegen einen Türrahmen geschlagen hat. In dem anderen Fall hat der LPT-Mitarbeiter einem Affen mit einer Metallstange derart gedroht, dass das Tier das Zittern begonnen hat.

Der Mann habe den Strafbefehl akzeptiert, eine Hauptverhandlung sei daher nicht nötig gewesen, sagte der Sprecher. Zuerst hatte das "Stader Tageblatt" berichtet.
Die jüngste Entscheidung wird vermutlich nicht die letzte in Sachen LPT bleiben. Im Zusammenhang mit den Enthüllungen wird bei der Stader Staatsanwaltschaft noch gegen mehrere Verantwortliche des Unternehmens ermittelt. Ob und wann Anklage erhoben wird, ist zurzeit noch nicht abzusehen.
Heimlich gedrehte Aufnahmen belasteten LPT
Die Tierschutzorganisation Soko Tierschutz hatte Anfang 2020 von einem eigeschleusten Mitarbeiter heimlich gedrehte Videoaufnahmen aus dem LPT-Tierversuchslabor in Mienenbüttel bei Hamburg veröffentlicht. Sie zeigen etliche mutmaßliche Tierquälereien: Affen wurden geschlagen, Hunde lagen in ihrem eigenen Blut, Katzen wurden rabiat behandelt – die Bilder hatten international Entrüstung ausgelöst und Ermittlungen der Behörden nach sich gezogen. Auch Vorwürfe der Studienmanipulationen standen im Raum.
LPT-Skandal
Der stern berichtete umfassend über den LPT-Skandal, eine Auswahl:
- Blutende Hunde, gequälte Affen: Tierschützer kritisieren Zustände im Versuchslabor
- Affenforscherin Jane Goodall über Tierversuche bei LPT: "Nichts anderes als die Hölle auf Erden"
- Studien im Skandallabor LPT gefälscht? Kieler und Hamburger Staatsanwaltschaften eingeschaltet
- Tierversuchsanstalt bringt Affen außer Landes – Schließung des LPT-Labors steht offenbar bevor
- Razzia im Tierversuchslabor LPT – Staatsanwaltschaft stellt Beweise sicher
- Behörde macht LPT-Tierversuchslabor bei Hamburg dicht
- ehörden schließen zwei Labore – in einem dritten gehen die Tierversuche weiter. Warum?
Das LPT-Nachfolgeunternehmen Provivo Biosciences hat seinen Betrieb inzwischen weitgehend eingestellt. Wie unter anderem das "Hamburger Abendblatt" berichtete, wurden die Standorte geschlossen und den Mitarbeitern gekündigt. Die Firma will sich eigenen Angaben zufolge in Zukunft tierversuchsfreien Zelltests widmen. Der bisherige Geschäftsführer Jost L. hat sich zurückgezogen. Aus dem Skandallabor in Mienenbüttel soll jetzt ein Tierheim unter Führung eines Tierschutzvereins werden.
Quellen: Staatsanwaltschaft Stade, "Stader Tageblatt" (kostenpflichtiger Artikel), "Hamburger Abendblatt", Provivo Biosciences