Wiener Bruchlandung Pilot bestreitet vor Gericht seine Schuld

Der angeklagte Pilot hatte einen Airbus bis auf den letzten Tropfen Treibstoff leer geflogen und gerade noch in Wien notlanden können. Die Staatsanwaltschaft beschuldigt ihn, Warnsignale missachtet zu haben.

Der Pilot eines Hapag-Lloyd-Ferienfliegers hat vor Gericht seine Schuld für die Bruchlandung der Maschine vor vier Jahren in Wien bestritten. Der 59 Jahre alte Angeklagte hatte den Airbus bis auf den letzten Tropfen Treibstoff leer geflogen und gerade noch notlanden können. Die Staatsanwaltschaft warf dem Piloten am Dienstag im Prozess vor dem Amtsgericht Hannover vor, während des Fluges von Kreta nach Hannover Warnsignale für den überhöhten Kerosinverbrauch missachtet zu haben.

Der Pilot sagte vor Gericht: "Der Unfall war und ist für mich eine schlimme Sache. Ich fühle mich aber nicht allein schuldig an der Beinahe-Katastrophe." Bei der Notlandung und der Evakuierung der Unglücksmaschine am 12. Juli 2000 in Wien waren 13 der 151 Insassen leicht verletzt worden. Die Anklage wirft dem Piloten gefährlichen Eingriff in den Luftverkehr vor. Das Luftfahrtbundesamt hat ihm inzwischen die Lizenz entzogen. Er wurde in den Vorruhestand versetzt.

Die letzten Kilometer im Segelflug

Laut Staatsanwaltschaft verbrauchte das Flugzeug deutlich mehr Kerosin als vorgesehen, weil sich nach dem Start ein Fahrwerk nicht einfahren ließ. Kurz vor Wien war der Treibstoff endgültig verbraucht, beide Triebwerke fielen fast gleichzeitig aus. Die letzten Kilometer bis zum rettenden Flughafen Wien-Schwechat legte der Airbus im Segelflug zurück. Die Maschine setzte neben der Landebahn auf. Über Notrutschen mussten die Passagiere das Flugzeug verlassen.

Der Pilot erklärte, er habe sich auf das so genannte Flight Management System (FMS) an Bord verlassen. Es sei ihm nicht klar gewesen, dass das FMS keine korrekten Daten zum Treibstoffverbrauch mehr lieferte. Das System berücksichtigte das ausgefahrene Fahrwerk nicht. "In allen Schulungen wurde uns gesagt: Vertraut diesem Gerät", sagte der 59-Jährige. Der Pilot galt als sehr erfahren, er hatte allein auf dem Airbus 310 schon 8490 Flugstunden hinter sich.

"Ich hätte Zagreb angeflogen"

Auch sein Co-Pilot sagte aus, er habe nicht gewusst, dass das FMS in der Krisensituation nicht richtig funktionierte. Allerdings sei er mit der "Flugdurchführung unzufrieden" gewesen. "Ich als Kapitän hätte Zagreb angeflogen", sagte er. Der Pilot entschied jedoch anders.

Nach dem Unfall war der 59-Jährige zunächst noch als Held gefeiert worden. "Von meiner Firma wurde ich bei der Unfallanhörung sehr positiv behandelt - meine fliegerische Leistung habe viele Menschenleben gerettet, hieß es damals", sagte er. Wenige Tage später wurden jedoch erste Bedenken laut. Die Staatsanwaltschaft hatte gegen den Piloten ursprünglich einen Strafbefehl über eine zehnmonatige Bewährungsstrafe beantragt. Dies hatte der Mann aber nicht akzeptiert.

DPA
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