Medikamente mit dem Wirkstoff Semaglutid können helfen, Übergewicht zu reduzieren. Irina Ernstberger aus München nahm das Präparat sechs Monate lang. Nun hofft sie, dem berüchtigten "Jo-Jo-Effekt" dauerhaft zu entkommen.
Video Patientin verliert 18 Kilo durch Abnehmspritze: "Ich muss jetzt achtsam sein"

STORY: Vorher-Nachher-Bilder kennt vermutlich jeder, der schon mal versucht hat, abzunehmen. Auch Irina Ernstberger hat schon so manche Diät ausprobiert. Eigentlich, so sagt die 66-jährige Rentnerin aus München, habe sie ihr Leben lang Gewichtsprobleme gehabt. Und immer habe sie dagegen angekämpft. "Mit Diäten, Weight Watchers, alles, was es gibt, dann Null-Diät. Und ja, es ging immer rauf und runter. Und bekanntlich ist Jojo Effekt immer noch größer als als als davor." In der Hoffnung, diesen Kreislauf dauerhaft zu durchbrechen, setzte Ernstberger auf das Medikament Ozempic. Dessen Wirkstoff Semaglutid, der eigentlich zur Behandlung von Diabetes-Typ-II vorgesehen ist, kann auch helfen, Übergewicht zu reduzieren. In der Praxis von Professor Thomas Horbach bekam Ernstberger Ende 2022 die erste Dosis. "Wir haben uns dann letztendlich entschieden, ihr eine medikamentöse Therapie anzubieten, weil wir gesagt haben, bei diesem BMI und den Diätvorerfahrungen der Patientin haben wir, glaube ich, eine ganz gute Chance, mit der Behandlung mit dem Medikament und auch mit dem Verlauf über eine sechsmonatige Behandlung sehr angetan." Das Semaglutid habe die Patientin gut vertragen, sagt der Facharzt. "Also, die Patientin hat von 78 Kilo, also BMI über 32 auf 60 Kilo, BMI 25 abgenommen, hat also praktisch Normalgewicht erreicht. In dem Moment, wo man die Behandlung mit Semaglutid beendet, besteht natürlich das Risiko einer neuerlichen Gewichtszunahme, weil die Wirkung des Medikaments verschwindet." Diesen heiklen Moment hat Irina Ernstberger bereits passiert, denn ihre Semaglutid-Therapie wurde wie geplant nach sechs Monaten beendet. Während dieser Zeit habe sie ihre Ernährung nicht bewusst umgestellt, sagt sie. "Ich hatte automatisch weniger Hunger, weniger Appetit. Ich bin schneller satt geworden. Und zuerst habe ich keine Sport getrieben. Ich bin kein sportlicher Typ und das war eigentlich das Positive an dem Ganzen, weil es ist keine Diät. Man muss nicht auf das verzichten oder das darf ich jetzt nicht essen, sondern ich habe alles gegessen, auch ein Gläschen Wein, ein Gläschen Prosecco oder mal ein Bier getrunken, aber alles weniger. Im Moment habe ich auch nicht mehr Appetit, aber ich muss schon ein bisschen - da spielt ja der Kopf ein bisschen eine Rolle - ich muss schon achtsam sein und dann aufhören zu essen, wenn ich satt bin." Im Rahmen einer begleiteten Therapie könnten viele Patienten von Abnehmspritzen profitieren, schätzt Professor Doktor Horbach. "Aber es sollten Patienten sein mit dem Ziel einer Gewichtsreduktion, die bei schwerem Übergewicht oder Adipositas starten. Keine Menschen, die sagen, ich habe einen normalen BMI und möchte jetzt noch irgendwie meine Bikinifigur erreichen." Für Lifestyle-Zwecke betrachtet Horbach Medikamente wie Ozempic oder das kürzlich auf dem deutschen Markt zugelasse Wegovy daher kritisch. Im Gegensatz zur sogenannten Off-Label-Anwendung darf Wegovy indikationsgerecht bei Übergewicht verschrieben werden. Die Kosten dafür müssen Kassenpatienten aber selber tragen. "Nach aktuellem Stand dürften die Krankenkassen gar nicht dafür bezahlen, weil Krankenkassen definitionsgemäß in Deutschland keine Kosten für Gewichtsreduktionsmedikamente tragen. Das heißt, es wäre eine Leistung, die tatsächlich von den Patienten selbst erbracht werden muss. Die Kostendimension wird jetzt zu Jahrestherapie Kosten von circa 3.500 Euro führen nach dem aktuellen Stand." Der Zugang zu Wegovy ist damit eine Frage des Geldbeutels, auch wenn die Behandlung hierzulande erschwinglicher ist als in den USA. Dort beträgt der Listenpreis rund 1350 Dollar im Monat für die höchste Dosis.