Es war ein Sturm, der den Kapitän der "MV Dara" dazu bewegte, das 5000 Tonnen schwere Fracht- und Passagierschiff am 7. April 1961 aus dem Hafen von Dubai hinaus zu steuern und so der Katastrophe im Persischen Golf entgegenzuschippern. Zwei Wochen zuvor, am 23. März, hatte das Schiff der British India Steam Navigation Company mit insgesamt 819 Menschen an Bord im damaligen Bombay (heute Mumbai) abgelegt. Damals transportierte die "MV Dara" Passagiere, Post und Fracht von Indien zu verschiedenen Häfen am Persischen Golf. Nach einigen Zwischenstopps in Häfen wie Maskat, Dubai, Bahrain, Abadan und Basra, kam es am 7. April wieder in Dubai an.
Da es damals – ein Jahrzehnt vor der Gründung der Vereinigten Arabischen Emirate – noch keinen Hafen in Dubai gab, wurden Passagiere und Fracht für die letzte Etappe ihrer Reise per Lastkahn hin und her transportiert. Als am Nachmittag ein Sturm aufkam und die 120 Meter lange "MV Dara" mit einem Frachtschiff zusammenstieß, das seinen Anker lichtete, beschloss der Kapitän, in See zu stechen, um den Sturm zu überstehen. Für rund 80 Passagiere, die das Schiff eigentlich in Dubai verlassen wollten, blieb nicht mal mehr Zeit, von Bord zu gehen. Auch befanden sich noch Verwandte und Freunde auf dem Schiff, die sich von den Passagieren verabschiedeten, Frachtabfertiger und verschiedene Schifffahrts- und Einwanderungsbeamte.
Um 4.40 Uhr erschütterte eine Explosion die "MV Dara"
In der Nacht ankerte die "MV Dara" außerhalb der Stadt. Am nächsten Morgen, am 8. April 1961 gegen 4.40 Uhr, kurz nachdem die Dara ihre Rückfahrt nach Dubai angetreten hatte, kam es zur Katastrophe. Eine gewaltige Explosion riss drei Decks des Schiffs auseinander. Der damals 23-jährige Zahlmeister des Schiffes erinnert sich, wie er durch die Wucht der Explosion aus seiner Koje gerissen wurde: "Es war dunkel. Ich schnappte mir nur meine Shorts und ein Hemd und rannte hinaus. Auf dem Deck herrschte totales Chaos. Ich konnte ein klaffendes Loch sehen, aus dem Feuer kam", zitierte ihn die arabische Zeitung "The National". Er versuchte, einem Offizier zu helfen, das Feuer zu löschen, doch es habe kein Wasser gegeben. Die Explosion hatte sämtliche bordsinternen Betriebssysteme zerstört.
So musste er hilflos mit ansehen, wie die Passagiere in Panik in die tosende See sprangen. Einige, die nicht gewusst hätten, dass sie die alten, harten Schwimmwesten festhalten mussten, hätten sich beim Aufprall ins Wasser das Genick gebrochen und seien regungslos im Meer umhergetrieben. Frauen hätten sogar in ihrer Verzweiflung ihre Babys ins Wasser geworfen, um sie vor den Flammen zu retten. Das Feuer, das sich auch aufgrund der immer noch vorherrschenden starken Winde sehr schnell über die Passagierdecks ausbreitete, zerstörte auch mehrere Rettungsboote. Andere Rettungsboote kenterten, weil sie überfüllt zu Wasser gelassen wurden. Andere Boote ließen sich erst gar nicht zu Wasser lassen.
Überlebende der "MV Dara" wurden von anderen Schiffen aufgenommen
Die Passagiere, die das Unglück überlebten, wurden von britischen, deutschen, japanischen und norwegischen Schiffen sowie einem US-Zerstörer aufgenommen. Gegen 6.30 Uhr morgens war das brennende Schiff evakuiert. Drei Fregatten der britischen Marine und eines amerikanischen Zerstörers bekämpften das Feuer an Bord. Das ausgebrannte Wrack blieb noch zwei Tage lang schwimmfähig. Am 10. April gegen 9.20 Uhr, überflutet mit Wasser aus den Löschschläuchen, kenterte die "MV Dara" und sank, während sie gerade vom Glasgower Bergungsschiff Ocean Salvor nördlich von Dubai auf den Strand geschleppt wurde.
238 Männer, Frauen und Kinder kamen durch das Unglück ums Leben, die meisten von ihnen stammten aus Indien und Pakistan. Dutzende wurden mit schweren Verletzungen wie Verbrennungen dritten Grades, Schnittwunden und Prellungen in nahe gelegene Krankenhäuser gebracht. Viele litten an Schock und Erschöpfung.
Britische Regierung vermutet Bombenanschlag als Ursache
Es bleibt unklar, wer für die Tragödie verantwortlich war. Denn trotz umfangreicher Ermittlungen wurde niemand verhaftet. In Großbritannien war man davon überzeugt, dass der Angriff das Werk omanischer Rebellen war, die 1959 von britischen Truppen aus dem Land vertrieben worden waren. Sie hatten eine Reihe von Terroranschlägen verübt, bei denen sie häufig kunststoffummantelte Panzerabwehrminen einsetzten. Taucher der Royal Navy fanden später am Wrack Beweise für eine Explosion, die durch etwa zehn Kilogramm des in diesen Waffen verwendeten Sprengstofftyps verursacht wurde.
Es wurde zudem vermutet, dass die Bombe in einem Koffer in Dubai an Bord gebracht worden war – und dass die Person, die sie platziert dort hatte, möglicherweise durch den Sturm an Bord gestrandet war, was ihr Schicksal ebenso besiegelte wie das der anderen Passagiere. Wäre der Fahrplan des Schiffes nicht gestört worden, hätte der Zeitzünder die Bombe ungefähr zu dem Zeitpunkt gezündet, als die "MV Dara" in den Hafen von Maskat hätte einlaufen sollen.

Inzwischen ist das Wrack, das vor der Stadt Umm al Qaiwain liegt, die Heimat von vielen Meereslebewesen geworden und ein beliebtes Ausflugsziel bei Tauchern. Es liegt in rund 20 Metern Tiefe in drei Hauptteilen, wobei der mittlere Teil bis zur Unkenntlichkeit zertrümmert ist. Bug und Heck sind hingegen noch relativ intakt. Durch die vielen Fischer, die entlang der Küste ihre Netze auswerfen, wurde das Wrack von den Geflechten fast komplett eingehüllt. Freiwillige Taucher machten sich jedoch in den vergangenen Jahren immer wieder die Mühe, das Wrack davon zu befreien. Mittlerweile hat die Stadt auch eine Boje angebracht, damit es von Tauchtouristen leichter zu finden ist.
Quellen: "The National", Divesitedirectory, "Gulfnews", wrecksite.eu., Dubai Voluntary Diving Team